Körperdysmorphe Störung
von altgriechisch: δυς (“dys-”) - schlecht, gestört; μορφή (“morphē”) - Gestalt, Form
Synonym: Dysmorphophobie
Englisch: body dysmorphic disorder
Definition
Die körperdysmorphe Störung ist eine psychische Erkrankung, bei der Betroffene übermäßig mit einem oder mehreren vermeintlichen körperlichen Makeln beschäftigt sind, die für andere nicht sichtbar oder unbedeutend erscheinen. Charakteristisch sind eine verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers, erheblicher Leidensdruck und funktionelle Beeinträchtigungen.[1]
Hintergrund
Erstmals im 19. Jahrhundert als Dysmorphophobie beschrieben, zählt die Störung in der ICD-10 zu den somatoformen Störungen und im DSM-5 zu den Zwangsspektrum-Störungen. Es bestehen Überschneidungen mit Zwangsstörungen, sozialen Phobien und depressiven Erkrankungen.
Epidemiologie
Die Lebenszeitprävalenz liegt in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 1,7–2,9 %. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer (Verhältnis ca. 1,5:1). Die Störung beginnt meist im Jugendalter, mit einem Häufigkeitsgipfel um das 12. bis 13. Lebensjahr. Etwa zwei Drittel der Betroffenen entwickeln die Symptome vor dem 18. Lebensjahr.
Ohne geeignete Behandlung verläuft die Erkrankung häufig chronisch – nur wenige Patienten erfahren eine spontane Remission.[2]
Klinik
Die körperdysmorphe Störung ist gekennzeichnet durch eine übermäßige gedankliche Beschäftigung mit einem oder mehreren vermeintlichen körperlichen Makeln, die für Außenstehende entweder nicht erkennbar oder nur minimal ausgeprägt sind. Die Betroffenen verbringen häufig mehrere Stunden täglich mit der Kontrolle, dem Kaschieren oder der Vermeidung des wahrgenommenen Defekts. Typische zwanghafte Verhaltensweisen umfassen wiederholte Spiegelkontrollen, das Einholen von Rückversicherungen, exzessive Körperpflege sowie Hautmanipulationen.
Diese Rituale führen oft zu einer erheblichen psychosozialen Beeinträchtigung. Viele Patienten ziehen sich sozial zurück, meiden zwischenmenschliche Kontakte und sind in ihrer Alltags- und Arbeitsfähigkeit deutlich eingeschränkt.
Oftmals erfolgen wiederholte Arztbesuche – insbesondere bei Dermatologen, plastischen Chirurgen oder anderen Operateuren – mit dem Ziel, den vermeintlichen Mangel beseitigen zu lassen.[3]
Auch selbstschädigendes Verhalten ist im Rahmen der Störung möglich.
Differenzialdiagnosen
Abzugrenzen sind:
- Essstörungen
- Somatische Wahnstörung
- Zwangsstörung
- Soziale Angststörung
Therapie
Therapeutisch steht eine kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition, kognitiver Umstrukturierung und Ritualprävention im Vordergrund. Abhängig von der Schwere der Erkrankung können ergänzend Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Therapiedauer ≥ 12 Wochen) eingesetzt werden. Kosmetische Eingriffe sind kontraindiziert, da sie keine anhaltende Besserung bewirken und Unzufriedenheit eher noch verstärken.[4]
Quellen
- ↑ McGrath et al., Prevalence of body dysmorphic disorder: A systematic review and meta-analysis, Body Image, 2023
- ↑ Pérez-Buenfil und Morales-Sánchez, Prevalence of Body Dysmorphic Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis, J Cosmet Dermatol, 2025
- ↑ Nabavizadeh et al., Prevalence of body dysmorphic disorder in rhinoplasty candidates: A systematic review and meta-analysis, Health Sci Rep, 2023
- ↑ Castle et al., Body dysmorphic disorder: a treatment synthesis and consensus on behalf of the International College of Obsessive-Compulsive Spectrum Disorders..., Int Clin Psychopharmacol, 2021