Dottersacktumor
Synonyme: Yolk-Sac-Tumor, endodermaler Sinuszelltumor
Englisch: endodermal sinus tumor(EST), yolk sac tumor (YST)
Definition
Der Dottersacktumor ist ein maligner Keimzelltumor, der hauptsächlich in den Hoden oder in den Ovarien auftritt.
Epidemiologie
Das Auftreten von reinen Dottersacktumoren ist vor allem auf das Säuglings- und Kindesalter beschränkt. Sie gehören zu den häufigsten Keimzelltumoren in diesem Alter. Beim männlichen Erwachsenen machen Dottersacktumoren nur knapp 1 % aller Keimzelltumoren aus und gehören zur Gruppe der Nichtseminome. Sie treten jedoch in der Regel nur in Kombination mit anderen Keimzelltumoren auf. Beim weiblichen Erwachsenen ist der Dottersacktumor der zweithäufigste maligne Keimzelltumor des Ovars.
Histologie
Makroskopisch ist der Tumor zystisch durchsetzt und weist myxomatöse, drüsig-papilläre Strukturen auf. Histologisch sind für den Tumor sogenannte Schiller-Duval-Körper charakteristisch. Dies sind kranzförmige Zellwucherungen, in deren Zentrum ein Blutgefäß liegt. Weiterhin zeigen sich pleomorphe Zellen mit Kern- und Zytoplasmavakuolen.
Klinik
Dottersacktumoren betreffen in der Regel die Gonaden. In 10 % der Fälle treten sie jedoch auch außerhalb der Gonaden auf, dabei kann nahezu jedes andere Organ betroffen sein.
Frauen
Dottersacktumore sind wie alle Keimzelltumoren des Ovars diagnostisch schwer zu erfassen. Klinische Anzeichen bestehen meist erst bei einer weit fortgeschrittenen Erkrankung. In diesem Fall sind charakteristische Symptome intermittierende Bauchschmerzen und eine Zunahme des Bauchumfanges. Ebenfalls kann es zu vaginalen Blutungen oder auch zu einer ausbleibenden Menstruationsblutung kommen. Bei einer Ruptur des Ovars entsteht ein akutes Abdomen.
Männer
Wie bei den meisten Nichtseminomen tritt zunächst eine in der Regel schmerzlose, unilaterale Schwellung des Hodens auf. Bei Kindern wird diese früher bemerkt, sodass hier die Diagnosesicherung in der Regel bereits im Stadium I erfolgen kann. Bei Erwachsenen wird die Diagnose meist erst in einem späteren Stadium gestellt, sodass sich häufig bereits Metastasen gebildet haben. Die Metastasierung erfolgt lymphogen in die retroperitonealen Lymphknoten in Höhe der Nierengefäße.
Diagnostik
Laborchemisch zeigt sich eine Erhöhung des Alpha-1-Fetoprotein (AFP). Im Rahmen der bimanuellen Untersuchung lässt sich ein Tumor im Bereich der Adnexe oder des Skrotums tasten. Sonographisch kann ebenfalls eine Raumforderung dargestellt werden. Die Festlegung, ob es sich bei dem Tumor um einen Dottersacktumor handelt, kann nur histologisch erfolgen. Hierfür muss das betroffene Ovar bzw. der betroffene Testikel im Rahmen einer Operation chirurgisch entfernt und histologisch begutachtet werden. Da es bei Erwachsenen häufig zu einem bilateralen Auftreten kommt, muss auch eine Biopsie der Gegenseite erfolgen. Bei Kindern kann darauf verzichtet werden.
Therapie
Da der Dottersacktumor hauptsächlich Kinder betrifft, verzichtet man in frühen Stadien auf eine Chemotherapie. Primäre Therapie ist hier die Tumorresektion mit anschließendem "Watchful Waiting". Ist der Tumor weiter fortgeschritten oder sind ältere Patienten betroffen, erfolgt im Anschluss an die chirurgische Tumorresektion eine Polychemotherapie. In beiden Fällen kann die laborchemische Kontrolle von Alpha-1-Fetoprotein (AFP) zur Verlaufskontrolle herangezogen werden.
Prognose
Die langfristige Prognose bei Kindern ist mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von circa 99 % sehr gut. Die generelle 5-Jahres-Überlebensrate beträgt etwa 70 %.
Nachsorge
Die Nachsorge erfolgt in den ersten zwei Jahren jeweils alle drei Monate, danach bis zum fünften Jahr halbjährlich.
Literatur
- Böcker et al, Pathologie, 5. Auflage 2012, Elsevier
- Rübben, Uroonkologie, 6. Auflage 2014, Springer
- Schmelz et al. Facharztwissen Urologie, 3. Auflage 2014, Springer
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