Blickparese
Synonyme: Blicklähmung
Definition
Eine Blickparese liegt vor, wenn willkürliche Blickzielbewegungen in eine bestimmte Richtung nicht mehr ausgeführt werden können. Die Blicklähmung wird vereinzelt von einer unwillkürlichen Wendung der Augen zur Gegenseite (Déviation conjuguée) begleitet.
Pathophysiologie
Bei einer Blickparese sind vor allem die Hirnnerven Nervus oculomotorius (III), Nervus trochlearis (IV) und Nervus abducens (VI) von Bedeutung. Diese okulomotorischen Hirnnerven verlaufen in der Peripherie zusammen mit dem Nervus ophthalmicus (V1) durch den Sinus cavernosus und mit dem Sehnerv (II) in der Orbita. Den okulomotorischen Hirnnervenkernen (Ncl. III, IV, VI) sind zwei Blickzentren übergeordnet, die die konjugierten Augenbewegungen steuern. Im pontinen Zentrum werden die horizontalen Bewegungen und im mesenzephalen Zentrum die vertikalen Bewegungen entwickelt. Eine Läsion der Blickzentren hat eine vertikale oder horizontale Blickparese zur Folge. Eine Störung der Verbindung zwischen den Blickzentren und den okulomotorischen Hirnnervenkernen führt zu einer internukleären Ophthalmoplegie.
Klinik
Bei einer vollständigen Blickparese kann der Patient auf Anweisung geradeaus, jedoch nicht über die Mittellinie hinaus blicken. Eine inkomplette Blickparese kann sich dagegen auch nur als Sakkadenverlangsamung und Abschwächung des optokinetischen Nystagmus oder als blickparetischer Nystagmus zeigen. Beim Versuch, in Richtung der Blickparese zu schauen, bewegen sich die Augen abermals zur Mitte und werden mit einer schnellen rhythmischen Bewegung in die Blickrichtung gebracht. Man spricht dann von einem grobschlägigen blickparetischen Nystagmus.
Um die Konvergenzbewegung zu überprüfen, fixiert der Patient den Finger des Arztes, der stetig zur Nase des Patienten geführt wird. Wenn die Bulbi nicht konvergieren oder vor Erreichen des Ziels ein- oder beidseitig abweichen, spricht man von einer Konvergenzparese. Eine Blickparese wird von den Patienten meist nicht wahrgenommen. Sie klagen sporadisch über Oszillopsien. Das sind Wahrnehmungen von Scheinbewegungen, wenn die Fixierung in der Fovea nicht funktioniert und durchgehend Korrekturbewegungen ablaufen.
Blickparese nach Großhirnläsionen
Bei akuten Großhirnhemisphärenläsionen aufgrund einer Blutung oder Ischämie kann zunächst eine Déviation conjuguée zur Herdseite beobachtet werden, die sich jedoch zügig normalisiert. Auch die kontraversive Blickparese ist relativ schnell rückläufig. Eine vorübergehende Déviation conjuguée zur Gegenseite und eine vollständige, durchgehende ipsiversive Blickparese wird zum Beispiel durch eine paramediane pontine Läsion, die unilateral die PPRF betrifft, verursacht.
Eine mediane pontine Läsion hat hingegen eine bilaterale horizontale Blickparese zur Folge. Die häufigsten Ursachen sind hierbei Demyelinisierungen bei Multipler Sklerose und lakunäre Ischämien. Bei einer Läsion mit kontraversiver Blickparese, die auf eine Hemisphäre beschränkt ist, sind die über den vestibulookulären Reflex gesteuerten Augenbewegungen immer erhalten. Bei einer pontinen Lokalisation ist dies nur für kleine Läsionen zutreffend.
Einer extensiven unilateralen Störung der PPRF folgt ein Ausfall sowohl der willkürlichen als auch der reflektorischen Augenbewegungen zur Herdseite. Eine horizontale Blickparese kann gelegentlich Folge einer nukleären Abduzensparese sein, weil der Abduzenskern Interneurone für den kontralateralen Musculus rectus medialis enthält. Da eine direkte vestibuläre Projektion zum Abduzenskern vorhanden ist, sind auch keine horizontalen Augenbewegung über den vestibulookulären Reflex mehr auslösbar.
Blickparese nach dienzephalen Läsionen
Dienzephale Läsionen haben Störungen der vertikalen Augenbewegungen zur Folge. In entgegengesetzte Richtung verlaufende pendelartige Oszillationen beider Bulbi in Form von Auf- und Abwärtsbewegung bei gleichzeitiger Innenrotation des jeweils aufwärts und Außenrotation des sich jeweils abwärts bewegenden Bulbus werden Schaukel- oder Seesaw-Nystagmus genannt. Die mit Abstand häufigste Ursache sind Prozesse in der Nähe des 3. Hirnventrikels.
Die sogenannte Skew-Deviation, eine fortwährende vertikale Divergenzstellung der Bulbi, entsteht bei einer Beeinträchtigung der Blickstabilisierung bei Hirnstammläsionen. Eine Konvergenzparese ist hingegen als eine isolierte Störung rar. Sie findet sich meistens bei rostralen Mittelhirnläsionen.
Im höheren Lebensalter zeigen relativ viele Menschen eine Konvergenzschwäche, die jedoch nicht pathologisch ist. Ein Konvergenzspasmus bei willkürlichen Bewegungen oder als eine Mitbewegung beim Blick nach oben ist hingegen psychogen.
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