Antitussivum
von altgriechisch: ἀντί- ("antí") - gegen, lateinisch: tussire - husten
Synonym: Hustenstiller
Englisch: antitussive
Definition
Ein Antitussivum ist ein Arzneimittel, welches den Husten dämpft bzw. stillt.
Physiologie
Husten kann durch verschiedene Mechanismen hervorgerufen werden. Wichtige Mechanismen sind hierbei:
- Obstruktion der Atemwege (z.B. Asthma bronchiale)
- Reizung der respiratorischen Schleimhäute (z.B. durch Sekret im Rahmen einer Pneumonie)
Husten wird als physiologischer Reflex über das Hustenzentrum im Hirnstamm ausgelöst. Bei Prozessen im ZNS kann durch direkte Reizung des Hustenzentrums auch der sogenannte zentrale Husten entstehen, der keine Ursache in den Atemwegen hat.
Indikationen
Nach Ansicht vieler Autoren bestehen für den Einsatz von Antitussiva keine sinnvollen Indikationen. Dennoch sind Antitussiva häufig verordnete und eingenommene Medikamente.
Wichtigste Indikation ist in diesem Zusammenhang der trockene Reizhusten, wie er beispielsweise im Rahmen viraler Infektionen der Atemwege entsteht. Der Husten ist hierbei vor allem quälend und führt nicht zur Absonderung von entzündlichem Sekret (unproduktiver Husten).
Auch bei mäßig produktivem Husten kann der gemäßigte Einsatz von Antitussiva sinnvoll sein, beispielsweise um im Rahmen der Heilung eine durch ständiges Husten erschwerte Nachtruhe erst möglich zu machen.
Wirkstoffe
Auf dem Arzneimittelmarkt sind eine Vielzahl von Antitussiva erhältlich. Neben Wirkstoffen mit sehr gut bekanntem Wirkungsmechanismus liegen auch Wirkstoffe mit antitussiver Wirksamkeit vor, deren Wirkungsmechanismus weitgehend unbekannt ist.
Die wichtigste Gruppe der Antitussiva sind die aus dem Schlafmohn gewonnenen Alkaloide bzw. Derivate dieser Opiate, die eine schwache oder gar keine analgetische und euphorisierende Wirkung aufweisen, jedoch hustenstillend wirksam sind.
Zu diesem Zwecke eingesetzte Opiumderivate sind unter anderem:
- Noscapin (z.B. Capval®)
- Codein (z.B. Codipront®)
- Dihydrocodein (z.B. Paracodin®)
- Dextromethorphan (z.B. Neo-Tussan®)
Weitere antitussiv wirksame Medikamente mit überwiegend nicht geklärtem Wirkungsmechanismus sind:
- Clobutinol (2008 Marktrückname wegen Verdachts auf Erzeugung von Herz-Rhythmus-Störungen, ehemals Silomat)
- Levodropropizin (z.B. Quimbo Sirup®)
- Pentoxyverin (z.B. Sedotussin®)
Auch einigen Genußmittel wird eine hustenstillende Wirkung zugeschrieben. Sie werden häufig als "Hausmittelchen" eingesetzt. Zu ihnen zählen unter anderem:
- Kakao (enthält Theobromin)
- Ingwerwurzel
- Adiowan-Samen
Anwendung
Antitussiva sollten immer nur zeitlich begrenzt und unter strenger Indikationsstellung eingesetzt werden. Ein nicht sistierender Husten sollte immer diagnostisch abgeklärt werden und nicht durch Antitussiva symptomatisch stillgelegt werden.
Bei der Auswahl des Antitussivums sollten Substanzen verwendet werden, die für die jeweilige Indikation geeignet sind. Codein und Dihydrocodein sind der Goldstandard der antitussiven Wirkstoffe, allerdings zeigten sie in Studien keine signifikanten Effekte. Unter strengster Indikationsstellung kann die Anwendung von Morphin im Rahmen des Off-label-Use in Erwägung gezogen werden.
Die Kombination von Antitussiva mit Expektoranzien wie NAC und Ambroxol ist in der Regel nicht indiziert, da man mit Antitussiva das Abhusten des gelösten Sekrets verhindert. Hier bietet sich eine zeitlich versetzte Gabe an, z.B. morgens das Expektorianz und abends das Antitussivum zur Gewährleistung der Nachtruhe.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. (DEGAM). Akuter und chronischer Husten; S3-Leitlinie Stand: 02/2021
- Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Abklärung und Behandlung von chronischem und refraktärem Husten. Stand: 01/2017