Fingolimod
Synonyme: Gilenya®, FTY720
Englisch: fingolimod
Definition
Fingolimod ist ein Immunmodulator (Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoragonist), dessen natürliches Analogon Myriocin aus dem Pilz Isaria sinclairii gewonnen wird. Er wird zur verlaufsmodifizierenden Therapie bei hochaktiver, schubförmiger Multiple Sklerose eingesetzt.
Wirkmechanismus
Fingolimod führt zu einer Verminderung der Lymphozyteninvasion des ZNS durch Umverteilung der im Blut zirkulierenden Lymphozyten in die Lymphknoten und das lymphatische Gewebe. Es bindet an 4 von 5 SIP Rezeptoren an der Lymphozytenwand und führt damit zu einer Internalisierung der Rezeptoren. Dadurch wird den Lymphozyten die Möglichkeit genommen, das lymphatische Gewebe zu verlassen. Fingolimod kann die Blut-Hirn-Schranke passieren und an Oligodendrozyten der Nervenzellen binden. Es wird angenommen, dass dadurch die Myelinproduktion gesteigert werden kann.
Pharmakokinetik
Indikationen
- hochaktive, schubförmige MS
- hohe Krankheitsaktivität trotz Interferontherapie
- rasch fortschreitende MS
Anwendung
Fingolimod darf ausschließlich als Monotherapie angewendet werden. Es wird oral in Kapselform eingenommen. Die Dosierung liegt bei 1 x 0,5 mg/Tag (entspricht 1 Kapsel).
Nebenwirkungen
- AV-Block
- Bradykardie (nach Ersteinnahme)
- Makulaödem (häufig bei Diabetikern)
- Leukozytopenie
- Infektanfälligkeit, schwere Verläufe von Infektionen
- Melanome
- Veränderungen der Leberwerte
Eine seltene, aber gefürchtete Komplikation von Fingolimod ist die hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH), eine lebensbedrohliche Funktionsstörung des Immunsystems, die mit Hyperinflammation, Zytokinsturm, unkontrollierter Aktivierung von Lymphozyten und Makrophagen einhergeht und häufig letal endet.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen sind für folgende Medikamente und Stoffgruppen bekannt:[1]
- antineoplastische, immunmodulatorische oder immunsuppressive Therapeutika: Es besteht das Risiko einer additiven Wirkung auf das Immunsystem
- Impfungen: Fingolimod kann die Wirksamkeit von Impfungen beeinträchtigen. Bei attenuierten Lebendimpfstoffen besteht eine Infektionsgefahr
- Bradykardie-induzierende Substanzen: Bei gleichzeitiger Anwendung von Atenolol und Diltiazem kann eine zusätzlichen Verringerung der Herzfrequenz eintreten. Auch sollte Fingolimod nicht mit Betablockern und anderen Medikamenten angewendet werden, welche die Herzfrequenz herabsetzen.
Die gleichzeitige Gabe von Fingolimod mit Ketoconazol (CYP4F2-Inhibitor) führt zu einer bis zu 1,7-fach erhöhten Fingolimod-Exposition. CYP3A4-Inhibitoren (Proteaseinhibitoren, Azol-Antimykotika, einige Makrolide) führen zu einer Herabsetzung der Fingolimod-Plasmakonzentration.
Kontraindikationen
- bestehende Immundefizienz
- schwere aktive oder aktiv chronische Infektionen (z.B. Hepatitis C, Tuberkulose)
- schwere Leberfunktionsstörungen
- Patienten mit Myokardinfarkt, instabiler Angina pectoris, Schlaganfall, dekompensierter Herzinsuffizienz, schwerer Arrhythmie oder QTc-Intervall von unter 500 ms
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff[1]
- Schwangerschaft sowie Frauen im gebährfähigem Alter, die keine wirksame Verhütungsmethode anwenden: Aufgrund eines erhöhten Risikos für Fehlbildungen bei Föten (u.a. kardiale Septumdefekte, Fallot-Tetralogie, Nierenfehlbildungen) muss während der Therapie und bis zwei Monate nach Absetzen eine zuverlässige Verhütungsmethode angewendet werden.[2]
Verordnungshinweise
Fingolimod-haltige Präparate unterliegen der Verschreibungspflicht.
Zulassung
Die Zulassung wurde am 17. März 2011 erteilt.