Efavirenz
Handelsnamen: Sustiva®, Stocrin®
Englisch: efavirenz
Definition
Efavirenz, kurz EFV, ist ein nichtnukleosidischer Reverse-Trankskriptaseinhibitor (NNRTI), der zur Behandlung einer Infektion mit dem HI-Virus Typ 1 eingesetzt wird.
Geschichte
Im Jahr 1997 begannen klinische Studien zur Bewertung der Dreifachkombination von Efavirenz mit anderen antiretroviralen Medikamenten. Auf der Welt-Aids-Konferenz im Juni 1998 wurde eine Studie mit acht HIV-infizierten Patienten vorgestellt, die eine Reduktion der HIV-RNA im Plasma durch Efavirenz in Dreifachkombination nachwies. Im selben Jahr genehmigte die Food and Drug Administration den Einsatz von Efavirenz zur Behandlung von HIV-Infektionen. Die Europäische Union erteilte im Jahr 1999 die Zulassung für Efavirenz. Es steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation, wird jedoch aufgrund seines Verträglichkeitsprofils und der Entdeckung anderer, besserer HIV-Medikamente in Industrieländern nur noch als alternative Therapieoption angesehen.[1]
Chemie
Die Summenformel von Efavirenz lautet C14H9ClF3NO2. Es hat eine molekulare Masse von 315,67 g/mol.[2]
Wirkmechanismus
Efavirenz hemmt nicht-kompetitiv die Aktivität der reversen Transkriptase des HI-Virus. Es bindet außerhalb des aktiven Zentrums in einer hydrophoben Tasche des Enzyms.[3] Dadurch wird die Synthese doppelsträngiger DNA aus Virus-RNA reduziert und die Replikation des HI-Virus eingeschränkt. Das HI-Virus vermehrt sich in der Folge langsamer. Efavirenz wirkt lediglich virustatisch und kann das HI-Virus nicht vollständig eliminieren.
Gegen HIV-2 ist Efavirenz unwirksam, da sich die hydrophobe Tasche der reversen Transkriptase unterscheidet.
Durch eine Mutation im Bereich der hydrophoben Tasche der reversen Transkriptase kann es zur Resistenzentwicklung kommen.[1]
Pharmakokinetik
Die maximale Plasmakonzentration erreicht Efavirenz innerhalb von 3 bis 5 Tagen. Die Plasmaproteinbindung beträgt 99 %, der Wirkstoff hat eine hohe Liquorgängigkeit. Die Plasmahalbwertszeit liegt bei etwa 40 bis 52 Stunden, ein steady-state der Plasmakonzentration wird nach 6 bis 7 Tagen erreicht.[4]
Efavirenz wird über das Cytochrom-P450-System metabolisiert. Polymorphismen im Enzym CYP2B6 beeinflussen die Geschwindigkeit der Metabolisierung. Die Dosierung muss ggf. entsprechend angepasst werden. Die Elimination erfolgt überwiegend biliär und zu einem geringen Anteil (< 1 %) unverändert renal.[1][4]
Indikationen
Im Rahmen der antiretroviralen Kombinationstherapie werden HIV-1-infizierte erwachsene Patienten und Kinder ab 3 Jahren mit Efavirenz behandelt. Eine Monotherapie ist aufgrund schneller Resistenzbildungen nicht ratsam.
Ein Einsatz in der Präexpositionsprophylaxe zur Vorbeugung einer HIV-Infektion wird aktuell (2024) diskutiert.
Dosierung
In der Vergangenheit wurde Efavirenz in der antiretroviralen Therapie mit einer Dosierung von 600 mg eingesetzt. Eine Verringerung der Dosis auf 400 mg in der Erstlinientherapie einer HIV-Infektion zeigte eine gleiche Wirksamkeit bei weniger Nebenwirkungen und löst allmählich das höhere Dosierungsschema ab.[5] In Deutschland wird vorrangig die Dosierung von 600 mg bei Erwachsenen verwendet. Die Dosierung bei Kindern erfolgt in Abhängigkeit des Körpergewichtes.[4]
Bei gleichzeitiger Einnahme von Voriconazol, muss die Voriconazol-Erhaltungsdosis auf 400 mg alle 12 Stunden erhöht und Efavirenz um 50 % (also auf 300 mg einmal täglich) reduziert werden. Wird Efavirenz zusammen mit Rifampicin bei Patienten mit einem Gewicht von ≥ 50 kg angewendet, kann die Dosis von Efavirenz auf 800 mg einmal täglich erhöht werden.[6]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Efavirenz kann Nebenwirkungen in verschiedenen Organsystemen hervorrufen.
Neuropsychiatrische Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen sind dosisabhängig und meistens reversibel. Etwa die Hälfte der Patienten entwickeln neuropsychiatrische Nebenwirkungen.[1] Efavirenz besitzt eine ähnliche Wirkung wie LSD und hat eine signifikante Affinität zu 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren, aber auch GABA-A-Rezeptoren.[7]
Weitere Nebenwirkungen
Kontraindikationen
Efavirenz sollte aufgrund seiner teratogenen Wirkung nicht während der Schwangerschaft oder in der Stillzeit eingenommen werden. Zusätzlich ist es bei schweren Leberschädigungen kontraindiziert.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Costa et al. 2023. Efavirenz: History, Development and Future. Biomolecules 13, no. 1: 88.
- ↑ Pubchem – Efavirenz, abgerufen am 22.02.2024
- ↑ Sharaf et al. 2016. Conformational plasticity of the NNRTI-Binding pocket in HIV-1 reverse transcriptase: A Fluorine Nuclear Magnetic resonance study. Biochemistry, 55(28), 3864–3873.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Datenbank Arzneimittel. Schneider D, Richling F, Hrsg. Stuttgart: Thieme; 2023.
- ↑ Dickinson et al. 2015. Pharmacokinetic and Pharmacodynamic Comparison of Once-Daily Efavirenz (400 mg vs. 600 mg) in Treatment-Naïve HIV-Infected Patients: Results of the ENCORE1 Study. Clin. Pharmacol. Ther., 98: 406-416.
- ↑ Fachinformationsverzeichnis Deutschland - Efavirenz 600 mg Filmtabletten
- ↑ Zareifopoulos et al. 2020. Neuropsychiatric Effects of Antiviral Drugs. Cureus 12(8): e9536.