Akrodynie
nach Emil F. Feer (1864-1955), Pädiater aus Zürich
Synonyme: Feer-Krankheit, Morbus Feer, Feer-Selter-Swift-Krankheit, Morbus Feer-Selter-Swift, Feer-Fanconi-Felter-Swift-Chomel-Syndrom, toxallergische Stammhirnenzephalitis, Trophodermatoneurose, Rosakrankheit
Englisch: Acrodynia, pink disease
Definition
Akrodynie ist eine Erkrankung der Haut und des Gehirns, die infolge einer chronischen Quecksilbervergiftung bei Kindern auftritt.
Ätiologie und Pathogenese
Ursache für die Akrodynie ist eine chronische Vergiftung mit Quecksilber, die zu einer toxisch-allergischen Reaktion führt. Die Akrodynie äußert sich in einer Stammhirnenzephalopathie, die zumeist im Kleinkindesalter auftritt. Es kommt zur Degeneration der Myelinscheiden und des Stammhirns, was zu Störungen im sympathischen und parasympathischen Nervensystem führt.
Als Vergiftungsquellen werden beispielsweise quecksilberhaltige Thermometer, Energiesparlampen, Batterien, Salben, Medikamente oder Amalgam-Zahnfüllungen diskutiert. Wegen seiner toxischen Wirkung ist der Einsatz von Quecksilber heutzutage auf den wissenschaftlichen Bereich reduziert.
Klinik
Psychisch-vegetative Symptome
- Wesensveränderung
- Reizbarkeit
- Appetitmangel
- Depression
- Schlafstörungen und Schlafumkehr
- Lichtscheu
- Hyperhidrosis: Schweißausbrüche
- Hyperglykämie
- Hypertonie: zu hoher Blutdruck
- Tachykardie: zu schneller Herzschlag
- Tremor
- Frieren
- Fieber
- Krämpfe
- Schmerzen und Parästhesien an Händen und Füßen
Hauterscheinungen
- groblammelöse Schuppung der Haut an Händen und Füßen
- blau-rötliche Hautverfärbung an Handinnenflächen und Fußsohlen (Akrozyanose)
- Schwellung von Händen und Füßen
- trophische Störung der Akren
- Ekzem
- Juckreiz
Symptome des Bewegungsapparats
- Hypotonie bzw. Atonie der Muskulatur
- Bewegungsstörungen und Lähmungen, Ataxie
Weitere Symptome
- Haarausfall
- Gewichtsverlust (Anorexie)
- Gingivitis: Entzündung des Zahnfleischs
- Zahnausfall
Wird die Akrodynie nicht erkannt, so versterben ca. 5% der Betroffenen, vor allem an Lungeninfektionen, Sepsis und Schlafapnoe.
Diagnostik
Die Diagnostik erfolgt durch den Nachweis erhöhter Quecksilberwerte im Organismus des Patienten. Hierfür kann der Quecksilberwert im Urin, Blut oder Speichel herangezogen werden. Der Urintest wird auch als DMPS-Test bezeichnet: bestimmt wird der Quecksilbergehalt vor und nach oraler Gabe von DMPS (Dimercapto-1-propansulfonsäure).
Therapie
Die Akrodynie wird mit BAL (British-Anti-Lewisit) und Penicillamin behandelt.
BAL oder Dimercaptopropanol bzw. Dithioglycerol ist ein Antidot für Vergiftungen mit Metallen wie Quecksilber, Gold, Cadmium, Wismut, Chrom oder Kupfer. Ursprünglich wurde BAL als Mittel gegen den arsenhaltigen Kampfstoff Lewisit eingesetzt.