Makrophage
von altgriechisch: μακρός ("makrós") - groß und φαγεῖν ("phagein") - essen
Synonym: Fresszelle
Englisch: macrophage
Definition
Makrophagen sind große, bewegliche, einkernige Zellen, die zum zellulären Immunsystem gehören. Sie entwickeln sich aus den im Blut zirkulierenden peripheren Monozyten, die eine Halbwertszeit von ca. 72 Stunden besitzen. Monozyten können in das Gewebe migrieren und verbleiben dort für mehrere Wochen bis Monate als Gewebsmakrophagen.
Entwicklung
Makrophagen entwickeln sich aus den im Knochenmark gebildeten Monozyten. Diese Zellen werden in die Blutgefäße ausgeschwemmt und zirkulieren im Blutstrom durch den Körper. Während einer Infektion werden sie durch Chemotaxis vom Infektionsort angezogen und differenzieren unter dem Einfluss von Zytokinen und Antigenen im Gewebe zu Makrophagen. Ihre Aktivierung kann zum Beispiel durch IL-1 oder durch Interferon-gamma erfolgen.
Morphologie
Makrophagen sind etwa 21 µm groß und wie die Granulozyten amöboid beweglich. Sie können aufgrund der Expression spezifischer Oberflächenproteine mittels Durchflusszytometrie oder Immunhistochemie von anderen Blutzellen differenziert werden. Dazu zählen z.B. CD14, CD11b, CD68, EMR1, Lysozym M oder MAC-1/MAC-3.
Einteilung
Man unterscheidet zwischen ortsunabhängigen, mobilen (auch: motilen) Makrophagen, die bedarfsweise aus dem Blut einwandern und ortsständigen, sessilen Gewebsmakrophagen, welche den Großteil der Makrophagenpopulation ausmachen. Die Gewebsmakrophagen sind an ein spezifisches Gewebe gebunden und unterscheiden sich in ihrer Morphologie zum Teil sehr stark voneinander. Man differenziert u. a. folgende Formen:
- im Bindegewebe: Histiozyt
- im Gehirn: Mikrogliazelle
- in der Lunge: Alveolarmakrophage
- in der Leber: Kupffer'sche Sternzelle
- in der Plazenta: Hofbauer-Zelle
- im Knochen: Osteoklast
- in Haut: Langerhans-Zelle
Phänotypen
Makrophagen reagieren auf Kontakt mit verschiedenen Stimuli, wie Zytokine, PAMPs und DAMPs unterschiedlich. Deshalb werden in der Literatur zwei Phänotypen unterschieden.
M1-Phänotyp
Endotoxine wie Lipopolysaccharide (LPS) oder proinflammatorische Zytokine (z.B. TNF-α, Interferon-γ etc.) rufen die Bildung eines stark proinflammatorischen Makrophagenphänotyps, des sogenannten M1-Phänotyps, hervor. Dieser zeichnet sich aus durch eine Produktion des Enzyms iNOS (induzierbare NO-Synthase) und die konsekutive Bildung von NO-Radikalen aus, die stark zytotoxisch auf umliegende Zellen wirken. Weiterhin schüttet dieser Phänotyp ebenfalls proinflammatorische Zytokine aus, um eine Immunreaktion in Gang zu setzen, z.B. als Reaktion auf Erreger, aber auch nach Gewebsverletzungen zum "Aufräumen" des auftretenden Zelldebris.
M2-Phänotyp
Antiinflammatorische Zytokine wie IL-4 oder auch Gewebsdebris, wie z.B. Myelin nach einer peripheren Nervenverletzung, führen zur Induktion eines antiinflammatorischen M2-Phänotyps mit hoher Phagozytosekapazität. Im Kontext von Geweberegeneration wird dieser Phänotyp häufig auch als "proregenerativ" bezeichnet, da er sowohl die Differenzierung von Stammzellen anregt, als auch Wachstumsfaktoren und antiinflammatorische Zytokine ausschüttet, die zur Proliferation von den entsprechenden Zellen im Gewebe führen. Der M2-Phänotyp existiert auch häufig bei Tumoren: Nahezu alle soliden Gewebstumore zeichnen sich durch eine hohe Expression von M2-Markerproteinen, wie z.B. Arginase 1 (Arg-1) aus. Es wird vermutet, dass die antiinflammatorischen M2-Makrophagen zur Immunsuppression im "tumor microenvironment" und dadurch zur Immunevasion und zum Wachstum von Tumoren beitragen.
Aufgaben
Als Bestandteil des mononukleär-phagozytären Systems (MPS) haben die Makrophagen vielfältige Funktionen im Rahmen der Erregerabwehr:
- zentrale Rolle bei der Initiation und Regulation von Abwehrreaktionen (Entzündung)
- Phagozytose
- Zerstörung von Tumorzellen
- Entfernung von Zelldetritus
- (obligate) Antigenpräsentation
- Wundheilung
Phagozytose
Makrophagen erkennen pathogene Erreger über sog. Pattern-Recognition-Rezeptorn, wie z.B. den TLR. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Phagozytose von Mikroorganismen und anderen Fremdkörpern im Rahmen der unspezifischen Abwehr. Das Zytoplasma der Makrophagen enthält eine große Zahl an Lysosomen, die lytische Enzyme enthalten, mit denen phagozytierte Erreger getötet werden können. Dieser Vorgang führt zur so genannten "Aktivierung" des Makrophagen, und in der Folge zur Sekretion von Zytokinen, die die Entzündungsreaktion steuern.
Antigenpräsentation
Eine wichtige Funktion haben Makrophagen auch als Antigen-präsentierenden Zellen (APC). Makrophagen, prozessieren phagozytierte Pathogene zu Peptidfragmenten, welche sie mit Hilfe von MHC-II-Molekülen auf die Zelloberfläche präsentieren. Die Antigen-MHC-II Komplexe werden durch T-Helferzellen erkannt, die daraufhin die Produktion spezifischer Antikörper auslösen.
Produktion von Zytokinen
Der Kontakt mit Pathogenen (wie z.B. Lipopolysacchariden) führt über einen Pattern-Recognition-Rezeptor zur Aktivierung von Makrophagen, was die Sekretion zahlreicher Zytokine sowie pro-inflammatorischer Faktoren wie IL-1β, IL-2, IL-6 und TNF-α zur Folge hat. Die Anwesenheit von Zink kann diesen Effekt noch verstärken. Daher kann bei parenteraler Ernährung eines Patienten, der an einer bakteriellen Infektion erkrankt ist, i.v. Zugabe von Zink-Ionen einen Fieberschub auslösen. Um eine unkontrollierte Immunreaktion zu verhindern, werden von Makrophagen nach einiger Zeit auch anti-inflammatorische Cytokine wie IL-10 exprimiert.
Muskelregeneration
Nicht-phagozytierende Makrophagen spielen eine wichtige Rolle bei der Reparatur geschädigter Muskelfasern. Es wird vermutet, dass Makrophagen den Heilungsprozess durch die Sekretion noch nicht identifizierter Proteine beeinflussen, welche die Proliferation und Differenzierung der Muskelzellen steuern.
Periphere Nervenregeneration
Makrophagen sind im Rahmen der peripheren Nervenregeneration aktiv. In der ersten Phase nach einer Nervenverletzung sind vor allem M1-Makrophagen aktiv, die das Immunsystem dazu anregen, den degenerierenden Nervenstumpf abzubauen. Im weiteren Verlauf dominineren M2-Makrophagen, die Myelin und abgestorbene Zellen phagozytieren und durch das Ausschütten von Zytokinen zur Differenzierung von Schwann-Zellen beitragen.
Virusvermehrung
In der Milz tragen CD169-positive Makrophagen bei Virusinfektionen entscheidend dazu bei, dass genug Viruspartikel entstehen, um eine Immunantwort zu induzieren. In ihnen werden die Viren quasi "inkubiert". Dadurch wird die Differenzierung und Vermehrung der Lymphozyten in Gang angeregt. Die CD169-positiven Makrophagen sind dabei vollständig von anderen Makrophagen umgeben, die eventuell nach außen entweichende Viren abfangen und zerstören.