Urethrotomie nach Otis
nach dem US-amerikansichen Urologe Fessenden Nott Otis (1825 – 1900)
Synonyme: Otis-Urethrotomie, interne Urethrotomie nach Otis, Schlitzung nach Otis
Englisch: Otis urethrotomy
Definition
Die Urethrotomie nach Otis ist ein urologisches Operationsverfahren zur Behandlung von Harnröhrenstrikturen, bei dem die Striktur mittels eines speziellen dilatierenden Urethrotoms mechanisch eingeschnitten und erweitert wird. Im Unterschied zur Urethrotomie nach Sachse erfolgt der Eingriff nicht endoskopisch unter direkter Sicht, sondern blind unter Verwendung des von Otis entwickelten Instruments.
Durchführung
Die Urethrotomie nach Otis erfolgt blind mit dem sogenannten Otis-Urethrotom:
- Einführung des Urethrotoms in die Harnröhre
- Vorschieben des Instruments bis zur Striktur
- Erweiterung des Instruments, wodurch an der Spitze ein Messer hervortritt
- Einschneiden der Striktur entlang der Urethra bis auf den gewünschten Durchmesser (meist bis etwa 30 Charrière)
- Einlage eines transurethralen Katheters zur Schienung für einige Tage postoperativ
Der Eingriff erfolgt in der Regel in Allgemein- oder Regionalanästhesie. Der Katheter wird postoperativ für 3 - 5 Tage belassen. Der Therapieerfolg wird mithilfe uroflowmetrischer Untersuchungen kontrolliert.
Indikation
Mögliche Indikationen sind:
- Stenose am Meatus urethrae externus
- Stenosen der distalen Pars pendulans urethrae
- palliative Versorgung langstreckiger Strikturen
Klinische Bedeutung
Die Urethrotomie nach Otis gilt heute (2025) als veraltet und überwiegend obsolet. Sie kommt nur in wenigen Einzelfällen als Therapieoption infrage, da insbesondere die alternative Urethrotomie nach Sachse eine vergleichbar einfach durchzuführende Behandlung mit endoskopischer Sichtkontrolle ist.
Vorteile
Die Operations- und Nachbehandlungszeit ist verglichen mit anderen Methoden sehr kurz. Zudem ist der Eingriff leicht erlernbar.
Nachteile
Das Rezidivrisiko ist hoch. Zudem ist das Risiko unbeabsichtigter Gewebeschäden aufgrund der fehlenden Sichtkontrolle deutlich höher als bei alternativen Verfahren.
Risiken
- Blutungen aus dem Strikturbereich bzw. der Harnröhre
- Via falsa oder Perforationen der Harnröhre durch blindes Vorgehen
- selten Impotenz oder Sphinkterverletzung mit Harninkontinenz
- Infektionen der Harnwege
Literatur
- Albers, Peter et al. (Hrsg.): Standardoperationen in der Urologie. Springer, Berlin, Heidelberg 2014.
- Urologielehrbuch.de: Urethrotomie (Harnröhrenschlitzung)