Standardisierte Notrufabfrage
Definition
Die standardisierte Notrufabfrage, kurz SNA, bezeichnet ein strukturiertes Verfahren zur Entgegennahme von Notrufen in einer Rettungsleitstelle (Rufnummer 112). Dabei wird der Anrufende vom Leitstellendisponenten durch einen festgelegten Fragenkatalog geführt, der in Form von Entscheidungsbäumen aufgebaut ist. Ziel ist es, die Lage schnell, vollständig und reproduzierbar zu erfassen, eine adäquate Ersteinschätzung und Alarmierung vorzunehmen und ggf. sofortige telefonische Hilfestellungen (z.B. Telefonreanimation) anzubieten.
Hintergrund
Der Notruf ist ein wichtiges Glied der Rettungskette. Schon kleine Fehler in dieser Phase können gravierende Folgen haben, da sie die Wahl der Einsatzmittel, Einsatzstichwort und die Einleitung lebensrettender Maßnahmen beeinflussen.
Standardisierte Verfahren wurden eingeführt, um die Qualität der Notrufabfrage zu erhöhen, relevante Informationen systematisch zu erfassen und die Arbeit der Disponenten zu unterstützen.
Traditionell wurde die Notrufabfrage anhand der sogenannten „5 Ws“ durchgeführt:
- Wer meldet?
- Wo ist es passiert?
- Was ist passiert?
- Wie viele Betroffene gibt es?
- Warten auf Rückfragen
Dieser Ansatz war über Jahrzehnte Standard. Allerdings hat sich gezeigt, dass offene Fragen zu Interpretationsspielräumen und Informationslücken führen können. Kritische Parameter wie Bewusstseinslage oder Atemmuster wurden nicht zwingend erfasst, was u.a. die frühzeitige Erkennung von Reanimationssituationen (Agonaler Atmung) erschwert.
Unterschiede
| Bezeichnung | Besonderheit | Vorteil | Nachteil |
|---|---|---|---|
| Standardisierte Notrufabfrage | Fester, algorithmischer Fragenkatalog in Entscheidungsbaum-Struktur |
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| Strukturierte Notrufabfrage | Teilweise vorgegebene Abfolge, ergänzt durch freie Rückfragen |
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| Intuitive Notrufabfrage | Freies Vorgehen, stark von Erfahrung und Einschätzung des Disponenten abhängig |
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Evidenz
Studien zeigen, dass die standardisierte Notrufabfrage die Erkennung lebensbedrohlicher Notfälle verbessert (insbesondere bei Reanimationen) und die telefonische Anleitung von Ersthelfern erleichtert. Gleichzeitig weisen die Daten auf mögliche Einschränkungen wie geringere Flexibilität und eine Tendenz zur Überdisposition hin. Insgesamt überwiegen die Vorteile, wenn geschultes Personal und eine kontinuierliches Qualitätsmanagement gewährleistet sind.[1][2][3]
Literatur
- Welche Notruf-Abfragesysteme?, abgerufen am 30.09.2025
- Standardisierte Notrufabfrage, abgerufen am 30.09.2025
- Empfehlung 6.4: Strukturierte Notrufabfrage, abgerufen am 30.09.2025
Quellen
- ↑ Nurmi et al., Effect of protocol compliance to cardiac arrest identification by emergency medical dispatchers, Resuscitation, 2006
- ↑ Luiz et al., Degree of implementation of structured answering of emergency calls in German emergency dispatch centers and effects of the introduction in daily practice, Anaesthesist, 2019
- ↑ Wu et al., Telephone cardiopulmonary resuscitation is independently associated with improved survival and improved functional outcome after out-of-hospital cardiac arrest, Resuscitation, 2018