Trichterbrust
Synonyme: Pectus excavatum, sternokostale Dysplasie
Englisch: funnel breast
Definition
Als Trichterbrust bezeichnet man eine Fehlbildung, die als trichterförmige Einziehung etwa in der Mitte des Brustkorbs (Thorax) auffällt.
Für die trichterförmige Einsenkung des Brustbeins (Sternum) und der Rippen sind erbliche Faktoren, Veränderungen in den Knorpelverbindungen zwischen Brustbein und Rippen, sowie eine bogenförmige Einziehung des Schwertfortsatzes (Processus xiphoideus, kaudaler Teil des Sternums) in den Brustraum verantworlich. Die Einziehung des Xiphoids ist durch bindegewebige, strangförmige Verwachsungen mit dem Centrum tendineum des Zwerchfells bedingt.
Epidemiologie
Die Trichterbrust stellt eine relativ häufige Fehlbildung dar; die Inzidenz beträgt ca. 1:300 aller Lebendgeburten. Jungen sind dreimal häufiger betroffen als Mädchen. Bei einem Großteil der Fälle liegt eine familiäre Belastung vor.
Ätiologie
Es handelt sich um eine genetisch bedingte Fehlbildung, die sich häufig erst im Laufe des Körperwachstums bis zum Ende der Pubertät ausprägt und verschlechtern kann. Besonders Haltungsschwächen tragen zu einer Verformung bei.
Liegen andere frühkindliche Erkrankungen, wie z.B. Marfan-Syndrom oder das fetale Alkoholsyndrom vor, so ist das Risiko einer Trichterbrust deutlich erhöht. Selten spielt für die Ätiologie das Vorliegen einer Rachitis eine Rolle.
Klinik
Da der Brustkorb im Kindes- und Jugendalter relativ elastisch und dehnbar ist, und sich die hinter der vorderen Brustwand gelegene Organe wie Herz und Lunge an die Verformung des Brustkorbs anpassen können, leiden junge Patienten/-innen nur selten an schwereren körperlichen Symptomen. Bei Erwachsenen treten dagegen vermehrt körperliche Beschwerden auf. Besonders durch eine stark ausgeprägte Trichterbrust können folgende körperliche Symptome auftreten:
Des Weiteren kommen - bedingt durch eine Fehlbelastung - nicht selten Rückenschmerzen und Verspannungen der Rückenmuskulatur vor. Selten kann eine Trichterbrust auch Sodbrennen (Gastroösophagealer Reflux) verursachen.
Die meisten Patienten leiden jedoch weniger an körperlichen Symptomen, sondern vielmehr unter der psychischen Belastung, die durch die Brustwanddeformierung hervorgerufen werden kann. Viele betroffene Teenager gehen ungern ins Schwimmbad oder meiden enge T-Shirts. Mitunter führt die körperliche Deformität zu Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken.
Diagnostik
Die Trichterbrust ist eine Blickdiagnose und kann im Rahmen der klinischen Untersuchung diagnostiziert werden.
Bei körperlichen Symptomen kann eine erweiterte Diagnostik indiziert sein; hierzu zählen vor allem CT des Thorax, Lungenfunktionstest und Echokardiographie.
Therapie
Leichten Formen der Trichterbrust kann während der Wachstumsphase mit gezieltem Training, Physiotherapie und Saugglocke entgegengewirkt werden.
Ist eine Trichterbrust jedoch bereits stark ausgeprägt, kann sie nur durch eine Operation unter Vollnarkose korrigiert werden. Die OP-Indikation ergibt sich aus dem Ausmaß der seelischen und körperlichen Beeinträchtigung. Als operative Verfahren, die auch bei älteren Jugendlichen meist von Kinderchirurgen oder Thoraxchirurgen durchgeführt werden, stehen im Wesentlichen die unten genannten Verfahren zur Verfügung.
Die in Deutschland gängigsten OP-Verfahren sind die OP nach Nuss oder die OP nach dem Erlanger Verfahren. Eine wichtige Rolle für den Erfolg aller der genannten Methoden spielt die Erfahrung des Operateurs.
Minimal-invasive Methode
Methode nach Nuss
Bei Kindern und Jugendlichen mit symmetrischer (typischer) Trichterbrust, kann versucht werden, die verformten Rippenknorpel ohne direkte operative Freilegung mit einem (manchmal 2 bis 3) eingebrachten Metallbügel zu biegen und in ihrer neuen Stellung zu stabilisieren. Hierbei sind in der Regel zwei Schnitte an der seitlichen Thoraxwand ausreichend. Der Metallbügel verbleiben für ca. 2 bis 3 Jahre. Aufgrund der Gefahr, dass lebenswichtige Organe wie Herz und Lunge verletzt werden, sollte der Eingriff unter thorakoskopischer Kontrolle (Spiegelung der Brusthöhle) erfolgen. Die Nuss-OP ist für Kinder mit symmetrischen (nicht zu stark ausgeprägter Trichterbrust) geeignet. Da die verformten Rippenknorpel und Verkrümmung des Brustbeins bei der Nuss-OP nicht direkt korrigiert werden, ist eine langfristige Verschlechterung des OP-Ergbnisses weniger sicher auszuschließen als nach einer offenen Methode bei der die Knorpelansätze am Brustbein direkt korrigiert werden.
Offene Methode
Ravitch-Methode
Die Operation nach Ravitch ist nicht nur bei symmetrischer Trichterbrust, sondern bei allen Arten der Trichter- und Kielbrust und in allen Altersgruppen anwendbar. Die Brustwand wird durch einen großen Querschnitt (ca. 20 cm) freigelegt. Verformte Rippenknorpel werden ausgiebig entnommen.
Erlanger Methode
Bei der in Erlangen weiterentwickelten offenen Operation (die ebenfalls für alle Arten der Brustwanddeformität anwendbar ist) werden - nach einem Schnitt über dem Brustbein - die Ansätze der untersten vier bis fünf Rippen freigelegt und eingekerbt, nur falls nötig durchtrennt, und in korrigierter Stellung durch Nähte wieder zusammengesetzt. Die Spannung, die zur Hebung des Brustbeins erforderlich ist, wird mit einem Tensiometer bestimmt. Muskeln oder Narbengewebe, die für Einziehungen verantwortlich sind, werden ggf. eingeschnitten oder durchtrennt.
Hierauf lässt sich das Brustbein nahezu spannungsfrei durch ein oder zwei leichte dünne Metallbügel (aus Edelstahl oder Titan), die durch einen weiteren kleinen Schnitt an der seitlichen Brustwand eingeführt werden, stabilisieren. Die Metallbügelentfernung (MBE) kann nach etwa 1 Jahr erfolgen.
Die Erlanger Methode ist wesentlich schonender als die Ravitch-Methode und ist ein etabliertes Therapieverfahren mit guten Langzeitergebnissen.
Sonstige Verfahren
Kosmetische Korrektur
Hierbei erfolgt keine Anhebung des Brustbeins, sondern es erfolgt nur eine Ausgleich der Einsenkung durch Weichteilkonturen (z.B. Silikon-Implantat, Verpflanzung von Muskel-/Fettgewebe, Abflachung vorspringender Rippenbögen durch Stichinzision).
Umkehrplastik
Hierbei werden Brustbein und anhängende Rippenknorpelstümpfe vollständig herausgetrennt und anschließend umgekehrt wieder eingenäht. Durchtrennte Blutgefäße werden mikrochirurgisch anastomosiert. Diese Methode stellt die aufwändigste Methode dar.
Links
siehe auch: Kielbrust
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