Neuronale Heterotopie
von altgriechisch: ἕτερος (héteros) - verschieden, anders und τόπος (tópos) - Ort
Synonyme: cerebrale Heterotopie, zerebrale Heterotopie, corticale Heterotopie, kortikale Heterotopie
Englisch: neuronal heterotopia
Definition
Die neuronale Heterotopie ist eine Migrationsstörung des zentralen Nervensystems, bei der Bestandteile der grauen Substanz an atypischen Stellen lokalisiert sind.
Hintergrund
Bei der neuronalen Heterotopie gelangen Nester aus grauer Substanz während der Migration in der embryonalen Gehirnentwicklung an die falsche Lokalisation. Heterotopien befinden sich meist in der Nähe der inneren Liquorräume (periventrikulär). Dadurch kann die Ventrikelwand auffällig vorgewölbt sein.
Ätiologie
Das Auftreten von neuronalen Heterotopien wird mit verschiedenen genetischen oder vaskulären Faktoren in Verbindung gebracht. Auch umweltbedingte Einflüsse können das Auftreten von neuronalen Heterotropien begünstigen.
Eine häufige Mutation, die zur Ausbildung von periventrikulären Heterotopien führen kann, ist im FLNA-Gen lokalisiert. Sie ist verantwortlich für die x-chromosomale bilaterale periventrikuläre Heterotopie (s. Tabelle) und tritt auch bei sporadischer periventrikulärer Heterotopie auf. Andere betroffene Gene sind z.B. FAT4, DCHS1, ARFGEF2, ERMARD, AKT3, INTS8, MCOH1, NEDD4L und MAP1B. Die entsprechenden Genprodukte sind in verschiedene Schritte der neuronalen Migration involviert.
Einteilung
Neuronale Heterotopien lassen sich abhängig von ihrem Erscheinungsbild einteilen in diffuse, noduläre oder laminäre Heterotopien. Sie können zudem nach ihrer Lage (periventrikulär, subependymal oder subkortikal) charakterisiert werden.
Neuronale Heterotopien treten bei verschiedenen Krankheitsbildern auf. Dazu gehören z.B.:
Krankheitsbild | Gen | Informationen |
---|---|---|
X-chromosomale periventrikuläre Heterotopie (PVNH1) | FLNA | Periventrikuläre Heterotopie im Bereich des Vorderhorns und des zentralen Seitenventrikels; häufig Vermishypoplasie und Zysten in der hinteren Schädelgrube |
Zerebro-fazio-artikuläres Syndrom (Van Maldergem Syndrom 1) | DCHS1 | Periventrikuläre Heterotopie im Bereich der Hinterhörner, Gyrierung reduziert |
subkortikale laminare Heterotopie | PAFAH1B1 | Gehört zu den Lissencephalien[1] |
Tuberöse Sklerose | z.B. TSC1 oder TSC2 | Phakomatose, neuronale Heterotopien möglich |
Symptome
Die klinische Symptomatik kann sehr variabel sein. Es kann zu einer Entwicklungsstörung mit Intelligenzminderung kommen. Zudem treten teilweise schwer therapierbare epileptische Anfälle in variabler Frequenz und Schwere auf.
Die x-chromosomale periventrikuläre Heterotopie verläuft beim männlichen Geschlecht meist pränatal letal.
Auch Verläufe ohne Entwicklungsstörung, mit lediglich seltenen epileptischen Anfällen sind möglich. Manchmal treten die ersten Symptome auch erst im Erwachsenenalter auf.
Diagnostik
Neuronale Heterotopien können in der nativen MRT-Untersuchung dargestellt werden.
Literatur
- Hirsch, Heterotopie und andere Migrationsstöungen des kindlichen Hirns, RöFo, Thieme Verlag, 2009
- Christ et al., Nicht grau in grau sehen, Dtsch Arztebl Int 2018
- Francis et al., Neuronal migration and disorders - an update, Current Opinion in Neurobiology, 2021
Quellen
- ↑ Brock et al., PAFAH1B1-Related Lissencephaly / Subcortical Band Heterotopia, GeneReviews 2009, updated 2023
Weblinks
- Christ M et al. Nicht grau in grau sehen. Dtsch Arztebl Int 2018, abgerufen am 28.02.2024
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