Nemalin-Myopathie
von griechisch: νῆμα ("nema") - Faden
Englisch: Nemaline myopathy, rod myopathy
Definition
Die Nemalin-Myopathie ist eine seltene neuromuskuläre Erkrankung aus der Gruppe der angeborenen Myopathien. Charakteristisch für die Erkrankung sind abnorme stäbchenförmige Veränderungen im Muskelgewebe ("Nemalinkörper")
- ICD10-Code: G71.2
Geschichte
Die Erkrankung wurde erstmals 1958 vom australischen Arzt Douglas Reye beschrieben. Seine Entdeckung wurde jedoch nie publiziert, da die von ihm beschriebenen histologischen Veränderungen als Artefakt verkannt wurden. Der Name "Nemalin-Myopathie" wurde 1963 von Cohen und Shy gewählt.
Ätiologie
Der Begriff "Nemalin-Myopathie" umfasst eine heterogene Gruppe verschiedener genetischer Störungen, die teils autosomal-dominant, teils autosomal-rezessiv vererbt werden.
Name | Gen | Genlokus | Erbgang |
---|---|---|---|
NEM 1 | TPM3 | 1q22-q23 | autosomal-dominant |
NEM 2 | NEB | 2q22 | autosomal-rezessiv |
NEM 3 | ACTA1 | 1q42.1 | hauptsächlich autosomal-dominant; selten autosomal-rezessiv |
NEM 4 | TPM2 | 9p13.2-p13.1 | |
NEM 5 | TNNT1 | 19q13.2 | |
NEM 6 | KBTBD13 | 15q22.31 | autosomal-dominant |
NEM 7 | CFL2 | 14q12 |
Sonderform
Die sporadische late-onset-Nemalin-Myopathie (SLONM) ist eine Sonderform der Nemalin-Myopathie, die meist mit einer monoklonalen Gammopathie assoziiert ist. Sie ist gekennzeichnet durch eine rasch progrediente proximal betonte Tetraparese mit respiratorischer Insuffizienz. Zudem kann es kann zu einer Kopfhalteschwäche und einer fazialen oder bulbären Beteiligung kommen. Häufig sind Personen über 40 Jahren betroffen.
Histologisch lassen sich durch eine Gömöri-Trichrom-Färbung oder mittels Elektronenmikroskopie Nemalinkörper erkennen. Therapeutisch führt die Kombination aus autologer Stammzelltransplantation und Chemotherapie mit Melphalan zu einem Rückgang der Gammopathie und der Nemalinkörper.[1]
Pathohistologie
Bei der pathohistologischen Untersuchung der Muskelbiopsie zeigen sich stäbchen- und fadenförmige Strukturen ("rod bodies") innerhalb der Myozyten. In der Trichrom-Gömöri-Färbung imponieren sie als purpurfarbene Stäbchen, die meist im Zytoplasma, gelegentlich aber auch intranukleär liegen.
Klinik
Die Klinik der Erkrankung ist außerordentlich variabel, was die Entwicklung einer sinnvollen klinischen Systematik erschwert. Stark generalisiert kann man "normale" und "schwere" Verläufe unterscheiden.
Schwere Verläufe gehen mit Fehlen von Spontan- oder Atembewegungen schon bei der Geburt einher und führen meist bereits in den ersten Lebensmonaten zum Tod.
Der normale Verlauf kann mit langsam fortschreitender, stagnierender, oder auch abnehmender Muskelschwäche einhergehen. Die muskuläre Hypotonie befällt typischerweise die Stamm-, Bulbär- und Gesichtsmuskulatur. Der Befall der Atemmuskulatur kann zu Hypoventilation und rezidivierenden Atemwegsinfektionen führen. Durch die Schwäche der Bulbärmuskulatur leiden die Patienten unter Sprechstörungen und Schluckstörungen, was eine Sondenernährung notwendig machen kann.
Quelle
- ↑ Schneider et al. Einsatz von Immunglobulinen bei sporadischer Nemaline Myopathie mit adultem Beginn assoziiert mit monoklonaler Gammopathie. Klinische Neurophysiologie. 44:91. 2013
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