Luria-Sequenz
nach Aleksandr Romanowitsch Lurija, russischer Neurologe und Neuropsychologe
Synonyme: Dreistufen-Handsequenz, Lurija-Sequenz
Englisch: Luria's seqence, Luria's fist-edge-palm test
Definition
Die Luria-Sequenz ist ein einfaches klinisch-neurologisches Testverfahren zur Erfassung einer exekutiven Dysfunktion.
Durchführung
Die Luria-Sequenz besteht aus drei aufeinanderfolgenden Handbewegungen, bei denen mit der Hand in 3 verschiedenen Handhaltungen auf eine Unterlage (z.B. Handfläche der anderen Hand, Oberschenkel oder Tischfläche) geschlagen wird. Die drei Handhaltungen sind:
- geballte Faust (entweder vertikal mit dem Kleinfingerballen nach unten oder horizontal mit den Fingerknöcheln)
- laterale Handkante bei ausgestreckten Fingern
- Handfläche oder Handrücken bei ausgestreckten Fingern
Die Bewegungssequenz wird dem Patienten zunächst ca. 3 Mal demonstriert. Anschließend soll der Patient selbst das Bewegungsmuster mehrfach und rasch in korrekter Reihenfolge ausführen.[1][2]
Die Durchführung der Bewegungssequenz wird in verschiedenen Quellen mit leichten Abweichungen beschrieben.[1][2] Luria schlug für Schritt 1 ursprünglich die horizontale Haltung der Faust vor (mit den Fingerknöcheln nach unten).[2][3][4] Diese Variante gilt sowohl für gesunde als auch für erkrankte Personen als anspruchsvoller, sodass möglicherweise die Sensitivität höher ist.[2]
Bewertung
Allgemein gilt die Luria-Sequenz als Test für Exekutivfunktionen, insbesondere für die motorische Handlungsplanung und die Suppression automatischer Bewegungen. Bei isolierter Dysexekution ist die Ausführung der Bewegungsabfolge erschwert, obwohl der Patient die Instruktionen versteht und die einzelnen Bewegungskomponenten problemlos ausführen kann. Häufig zeigen Betroffene ein Perseverationsverhalten mit Wiederholung einer vorangegangenen Geste, eine Verlangsamung der Bewegungsabfolge oder eine gestörte Reihenfolge der Gesten.[2][3][5] Fehler beim Ausführen der Luria-Sequenz korrelieren mit Fehlern in anderen Tests für Exekutivfunktionen (z.B. Trailmaking-Test).[2]
Als klassisches topologisches Korrelat einer fehlerhaften Luria-Sequenz gelten Läsionen des Frontallappens.[1][2] Eine pathologische Sequenz findet sich daher z.B. bei Erkrankungen mit Schädigung des Frontallappens, wie der Alzheimer-Demenz, der frontotemporalen Demenz, Parkinson-Demenz oder der progressiven supranukleären Blickparese, seltener auch bei einer leichten kognitiven Störung.[1][6][7][8]
Die Aussagekraft der Luria-Sequenz ist jedoch begrenzt. Kleinere Fehler sind gelegentlich auch bei älteren gesunden Patienten möglich.[2][7] Einheitliche Grenzwerte, ab wann die Sequenz als pathologisch gewertet werden soll, existieren nicht. Teilweise wird eine Durchführung von sechs korrekten Bewegungszyklen verlangt.[6] Zahlreiche andere neurologische Defizite (z.B. Dyskoordination, ideomotorische Apraxie) können ebenfalls zu einer fehlerhaften Durchführung führen.[1][2] Auch die topologische Zuordnung von Dysexekution und Frontallappenläsionen ist nicht für alle Fälle zutreffend.[2]
Weblinks
- Durchführung der Luria-Sequenz mit vertikaler Faustposition (Video). Aus: Kermer, Rohkamm (Hrsg.), Die neurologische Untersuchung. Springer Verlag, 2021.
- Befund einer pathologischen Luria-Sequenz mit Perseveration und reduzierter Geschwindigkeit (Video, YouTube): Luria Three Step abnormality - Frontal lobe test. Rege, Psychiatry Simplified, 2022.
- Erstpublikationen: Luria, Traumatic Aphasia - Its Syndromes, Psychology and Treatment, S. 275f.. De Gruyter, 1970. In Anlehnung an eine Dissertation von Skolnik-Jarro, Movement disorders in case of damage to premotor systems, 1945 (nicht öffentlich verfügbar).
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Kermer, Rohkamm (Hrsg.), Die neurologische Untersuchung. Springer Verlag, 2021.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 Beschin et al., Luria's fist-edge-palm test: A small change makes a big difference. Cortex, 2023.
- ↑ 3,0 3,1 Luria, Higher Cortical Functions in Man, S. 332ff. Basic Books Inc., New York, 1966.
- ↑ Luria, Traumatic Aphasia - Its Syndromes, Psychology and Treatment, S. 275f.. De Gruyter, 1970.
- ↑ Schmidtke, Wallesch, Dysexekutives Syndrom und andere Frontalhirnsymptome. In: Hufschmidt, Rauer, Glocker (Hrsg.), Neurologie compact. 9., vollständig überarbeitete Auflage. Thieme Verlag Stuttgart, 2022.
- ↑ 6,0 6,1 Levin et al., Differenzialdiagnose und Therapie der atypischen Parkinson-Syndrome. Deutsches Ärzteblatt International, 2016.
- ↑ 7,0 7,1 Weiner et al., Luria’s three-step test: what is it and what does it tell us? International Psychogeriatrics, 2011.
- ↑ Liu et al., Fist-Edge-Palm (FEP) test has a high sensitivity in differentiating dementia from normal cognition in Parkinson's disease. Journal of the Neurological Sciences, 2021.
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