Kleinhirnatrophie des Erwachsenen
Definition
Unter der Kleinhirnatrophie des Erwachsenen versteht man die atrophische Veränderung des Kleinhirns im Erwachsenenalter.
Epidemiologie
Die Prävalenz der isolierten Kleinhirnatrophie beträgt 3:100.000.
Ätiologie
Die Ursachen der Kleinhirnatrophie werden in drei Gruppen eingeordnet. Man unterscheidet hereditäre Formen, sporadische Formen und symptomatische Formen.
Hereditäre Formen
Die häufigste hereditäre Form wird autosomal-dominant vererbt und beruht auf einer Mutation in SCA-Genen. Man unterscheidet je nach Begleitsymptom (z.B. extrapyramidalmotorische oder pyramidalmotorische Störungen, Retinopathie, Polyneuropathie, Demenz vier Untergruppen.
Symptomatische Formen
Symptomatische Formen sind paraneoplastisch, durch eine Prion-Erkrankung oder auch toxisch (z.B. durch Zytostatika oder Alkohol) bedingt.
Es wird vermutet, dass die paraneoplastische Form durch kreuzreagierende Antikörper, die zunächst gegen das Tumorgewebe gerichtet waren, bedingt ist. In der Regel manifestiert sich die Paraneoplasie, bevor die Tumorerkrankung diagnostiziert worden ist.
Paraneoplasien werden häufiger beim kleinzelligen Bronchialkarzinom und bei gynäkologischen Tumoren beobachtet.
Sporadische Formen
Man spricht von einer sporadischen Form, wenn die zwei anderen Formen ausgeschlossen werden konnten. Häufig liegt jedoch auch bei diesen Formen eine Mutation im SCA-Gen vor, die durch eine Untersuchung festgestellt werden kann, oder die Kleinhirnatrophie tritt im Rahmen einer Multisystematrophie auf.
Klinik
Ein Kleinhirn-Syndrom imponiert durch eine Ataxie, eine Dysmetrie, einen Intentionstremor, eine cerebelläre Dysarthrie, durch Augenbewegungsstörungen und durch eine Muskelhypotonie.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch sollte an andere Ursache gedacht werden, die Schädigungen im Bereich des Kleinhirn verursachen. Dazu gehören z.B. die Kleinhirnblutung, ein Schlaganfall im Bereich des Kleinhirn. In der Regel kommt es dabei jedoch in relativ kurzer Zeit zu Symptomen, die häufig einseitig auftreten, während eine Kleinhirnatrophie im Verlaufe von Monaten und Jahren zu den typischen Beschwerden führt.
Diagnostik
Anamnese und klinische Untersuchung weisen auf eine Erkrankung im Bereich des Kleinhirns hin. Die Diagnose einer Kleinhirnatrophie kann anhand eines Magnetresonanztomogramms gestellt werden. Wenn der Verdacht auf eine hereditäre Form geäußert wird, sollte eine genetische Diagnostik erfolgen und nach Begleitsymptomen (z.B. Retinopathie, Polyneuropathie) gesucht werden.
Bei Verdacht auf eine symptomatische Form sollten Blutuntersuchungen angeordnet (z.B. gamma-GT, GOT und GPT bei Verdacht auf Alkoholabusus) und eine weitergehende bildgebende Diagnostik zur Tumorsuche durchgeführt werden.
Therapie
Wenn eine Grunderkrankung vorliegt, sollte diese behandelt werden. Die Kleinhirnatrophie wird ansonsten symptomatisch behandelt, u.a. mittels Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie.