Harlekin-Phänomen
Synonym: Wasserscheiden-Phänomen, Nord-Süd-Syndrom
Definition
Das Harlekin-Phänomen ist ein Zustand, der sich bei peripherer Kanülierung während der venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (VA-ECMO) manifestieren kann. Bei schlechter Lungenfunktion, aber vorhandener Restkontraktilität des Herzens gelangt sauerstoffarmes Blut in den Aortenbogen und es resultiert eine Minderperfusion der oberen Extremität.
Hintergrund
Bei der venoarteriellen ECMO-Therapie (z.B. ECLS) wird dem Körper das oxygenierte Blut in der Regel über eine Kanüle in der Arteria femoralis zugeführt. Dadurch entsteht ein retrograder Fluss von oxygeniertem Blut in der Aorta descendens. Wenn das Herz eine relevante verbleibende Pumpfunktion hat, die Oxygenierung in der Lunge jedoch schlecht ist, entsteht gleichzeitig ein anterograder Fluss von sauerstoffarmem Blut in der Aorta.
An der Stelle, an der die beiden Ströme zusammentreffen bildet sich in der Aorta eine sogenannte Wasserscheide. Abhängig von der Herzleistung und der ECMO-Leistung kann die Höhe dieser Wasserscheide variieren. Ist der Aortenbogen durch das sauerstoffarme Blut aus dem linken Ventrikel perfundiert, entsteht eineMinderperfusion der oberen Körperhälfte, insbesondere des zentralen Nervensystems.
Diagnostik und Überwachung
Die Überwachung der Oxygenierung ist entscheidend, um eine Minderperfusion frühzeitig zu erkennen.
Hierzu eignen sich z.B.:
Messungen von SpO2 und arterieller BGA sollte am rechten Arm erfolgen. Grund hierfür ist der anatomisch spätere Abgang der Arteria subclavia dextra mit anschließender Versorgung der oberen Extremität und dem hierdurch bedingten größten Mischblutanteil aus linksventrikulärem Blut und VA-ECMO-Blutfluss. Zur Überwachung der zerebralen Gewebeoxygenierung sollte zusätzlich ein kraniales NIRS-Monitorung etabliert werden.
Interventionsmöglichkeiten
Eine Möglichkeit, das Risiko eines kardialen oder zerebralen Sauerstoffmangels zu reduzieren, besteht in der Implantation einer zusätzlichen venösen Kanüle zur Rückführung des von der ECMO oxygenierten Blutes in die Vena jugularis interna. Dies wird als VAV-ECMO bezeichnet. Hierdurch wird ein Teil des oxygenierten Blutes dem Lungenkreislauf zugeführt, was die Oxygenierungsrate verbessert.
siehe auch: ECMO
Literatur
- Anaesthesist 2013 · 62:639–643 DOI 10.1007/s00101-013-2213-7 Eingegangen: 14. April 2013 Überarbeitet: 30. Juni 2013 Angenommen: 1. Juli 2013 Online publiziert: 7. August 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 [1]
- Anaesthesiologie 2022 · 71:967–982 https://doi.org/10.1007/s00101-022-01230-8 Angenommen: 8. November 2022 Online publiziert: 30. November 2022 © The Author(s), under exclusive licence to Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature
- https://viamedici.thieme.de/lernmodul/557653/530072/arteria+subclavia
- Bernhardt, A. M., Schrage, B., Schroeder, I., Trummer, G., Westermann, D., & Reichenspurner, H. (2022). Extrakorporale Membranoxygenierung. Dtsch Arztebl International, 119(13), 235-44. https://doi.org/10.3238/arztebl.m2022.0068