Exekutivfunktion
Synonyme: exekutive Funktion, EF, kognitive Kontrolle, exekutive Kontrollfunktion
Englisch: executive function
Definition
Unter dem Begriff Exekutivfunktionen werden in der Neuropsychologie verschiedene übergeordnete kognitive Prozesse zusammengefasst, die das zielgerichtete Verhalten steuern. Sie ermöglichen es, Handlungen zu planen, Impulse zu hemmen, Aufmerksamkeit zu lenken, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und Entscheidungen zu treffen.
Hintergrund
Die Exekutivfunktionen sind essenziell für adaptives Verhalten im Alltag und gelten als zentrale Voraussetzung für Selbstregulation, Problemlösen und soziale Kompetenz.[1] Sie lassen sich in drei Kernkomponenten unterteilen:
- Inhibition: Fähigkeit, automatische oder impulsive Reaktionen zu unterdrücken
- Arbeitsgedächtnis: Aufrechterhaltung und Manipulation von Informationen über kurze Zeiträume hinweg
- Kognitive Flexibilität: Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln, Strategien anzupassen und flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren
Erweiterte Modelle umfassen u.a.:[2]
- Planung und Problemlösen
- Entscheidungsfindung
- Monitoring von Fehlern und Feedbackintegration
- Antizipation von Konsequenzen
Neuroanatomie
Exekutivfunktionen sind funktionell eng an den präfrontalen Kortex gebunden, insbesondere an den
- dorsolateralen präfrontaler Kortex (DLPFC): Arbeitsgedächtnis, kognitive Kontrolle
- orbitofrontalen Kortex (OFC): Impuls- und Affektkontrolle, Entscheidungsverhalten
- anterioren cingulären Kortex (ACC): Fehlerüberwachung, Konflikterkennung
Messverfahren
In der Neuropsychologie existiert eine Vielzahl von Tests, um Exekutivfunktionen zu messen, z.B.:
- Trailmaking-Test (TMT)
- Wisconsin Card Sorting Test
- Rey-Osterrieth Complex Figure Test (ROCF)
- Stroop-Test: Bewertung der Inhibitionsfähigkeit
- Tower of London: Beurteilung der Planungsfähigkeit
- Behavioral Assessment of the Dysexecutive Syndrome (BADS): Umfassende Bewertung exekutiver Dysfunktionen im Alltag
Ergänzend werden Assessments empfohlen, etwa das BRIEF (Behavior Rating Inventory of Executive Function).[3]
Klinik
Bei einer Beeinträchtigung der Exekutivfunktionen spricht man von einem dysexekutiven Syndrom. Dabei sind u.a. die Flexibilität, Motivation, Planung und Entscheidungsfindung beeinträchtigt. Dies äußert sich häufig in Unorganisiertheit, Impulsivität, Perseveration, Entscheidungsunfähigkeit oder sozial inadäquatem Verhalten.
Störungen der Exekutivfunktionen treten u.a. bei folgenden Krankheitsbildern auf:
- Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
- Schädel-Hirn-Trauma
- Schizophrenie
- Depression
- Demenz (v.a. frontotemporale und vaskuläre Formen)
- Suchterkrankungen
Quellen
- ↑ Diamond, Executive functions, Annu Rev Psychol, 2013
- ↑ Jurado und Rosselli, The elusive nature of executive functions: a review of our current understanding, Neuropsychol Rev, 2007
- ↑ Roth et al., Much ado about norming: the Behavior Rating Inventory of Executive Function, Child Neuropsychol, 2015