E-Mental-Health
Synonyme: Digitale psychische Gesundheitsversorgung, digitale psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung
Englisch: e-mental health, digital mental health
Definition
E-Mental-Health bezeichnet den Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien zur Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge psychischer Störungen. Dazu gehören internetbasierte Therapieprogramme, mobile Anwendungen (Apps), Telepsychotherapie, VR-gestützte Verfahren sowie weitere digitale Unterstützungsangebote.
Hintergrund
Vor dem Hintergrund begrenzter Versorgungskapazitäten gewinnt E-Mental-Health als ergänzende Versorgungsform zunehmend an Bedeutung. Digitale Interventionen ermöglichen eine zeit- und ortsunabhängige Bereitstellung psychotherapeutischer Inhalte und können Versorgungslücken im ländlichen Raum oder bei langen Wartezeiten auf Therapieplätze überbrücken.
Eine besondere Rolle spielt E-Mental-Health im Bereich der niedrigschwelligen Versorgung, Prävention und Rückfallprophylaxe, aber auch bei der unterstützenden Begleitung klassischer Psychotherapien.
Formen
E-Mental-Health umfasst verschiedene Anwendungsformen, deren Abgrenzung in der Praxis fließend ist. Zentrale Bereiche sind:
- internetbasierte psychotherapeutische Interventionen (z.B. iCBT)
- Mobile-Health-Anwendungen zur Selbsthilfe und Verlaufskontrolle
- videobasierte Telepsychotherapie
- VR-basierte Expositionsverfahren
- sogenannte Blended-Care-Modelle, bei denen digitale Elemente in eine Präsenztherapie integriert werden
Internetbasierte Programme sind häufig modular aufgebaut und orientieren sich an evidenzbasierten Therapieverfahren, insbesondere der kognitiven Verhaltenstherapie. Der therapeutische Support kann dabei vollständig fehlen (unguided), minimal sein oder regelmäßig erfolgen (guided).
Anwendungsgebiete
E-Mental-Health wird bei verschiedenen psychischen Störungen eingesetzt, insbesondere bei depressiven Störungen, Angststörungen, Schlafstörungen und stressassoziierten Belastungsreaktionen. Auch in der Suchtprävention, der Rückfallprophylaxe und der Psychoedukation findet es Anwendung. Bei schweren psychischen Erkrankungen wie Psychosen oder schweren Persönlichkeitsstörungen wird es primär ergänzend und nicht als alleinige Intervention genutzt.
Wirksamkeit
Für zahlreiche digitale Interventionen liegen inzwischen Wirksamkeitsnachweise vor. Gut untersucht sind internetbasierte Programme bei Depressionen und Angststörungen. Metaanalysen zeigen, dass angeleitete digitale Interventionen (guided interventions) Effektstärken erreichen können, die mit klassischer Face-to-Face-Psychotherapie vergleichbar sind, während unbegleitete Programme tendenziell geringere Effekte zeigen.[1]
Die Wirksamkeit hängt dabei wesentlich von Faktoren wie Nutzeradhärenz, Motivation, digitaler Kompetenz und Art des Supports ab. Für schwere und komplexe psychische Störungen ist die bisherige Evidenzlage hingegen eingeschränkt.
Vorteile
Zu den zentralen Vorteilen von E-Mental-Health zählen der niedrigschwellige Zugang, die orts- und zeitunabhängige Nutzung, die potenzielle Skalierbarkeit sowie die Möglichkeit zur Individualisierung von Interventionen.
Limitationen
Relevante Herausforderungen sind Qualitätssicherung, Datenschutz und ethische Fragen. Soziale Ungleichheiten könnten durch digitale Angebote verstärkt werden, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen keinen ausreichenden Zugang zu technischen Ressourcen haben.
Rechtlicher Rahmen
In Deutschland sind ausgewählte digitale Interventionen als Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) nach § 33a SGB V zugelassen und über das DiGA-Verzeichnis des BfArM abrufbar. Diese können ärztlich oder psychotherapeutisch verordnet werden und sind damit Teil der Regelversorgung. Parallel bestehen weiterhin zahlreiche Angebote außerhalb der DiGA-Struktur, deren Qualität sehr heterogen ist.
Die Implementierung von E-Mental-Health in die Regelversorgung ist Gegenstand aktueller gesundheitspolitischer, wissenschaftlicher und berufsständischer Diskussionen.
Quellen
- Ebert et al., Internet- and mobile-based psychological interventions: applications, efficacy, and potential for improving mental health: a report of the EFPA E-Health Taskforce, Eur Psychol. 2018
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), abgerufen am 26.11.2025
- World Health Organization. WHO guideline: recommendations on digital interventions for health system strengthening. Geneva: WHO; 2019
Literatur
- ↑ Andersson et al., Guided Internet-based vs. face-to-face cognitive behavior therapy for psychiatric and somatic disorders: a systematic review and meta-analysis, World Psychiatry. 2014