Brachygnathia inferior (Pferd)
Synonyme: Prognathia superior, Überbiss, Karpfengebiss
Definition
Als Brachygnathia inferior bezeichnet man eine Fehlstellung der Schneidezähne beim Pferd, bei der die Inzisivi des Oberkiefers weiter nach kranial reichen als die des Unterkiefers.
Pathogenese
Ein angeborener Überbiss entsteht bei einem im Vergleich zur Maxilla langsameren Wachstum der Mandibula.
Ein erworbener Überbiss entsteht häufig aufgrund ausgeprägter Zahnhaken an den zweiten Prämolaren des Oberkiefers (P2) bzw. an den dritten Molaren (M3) des Unterkiefers. Diese Zahnhaken stellen beim Kauakt ein Gleithinderniss dar, weshalb sie sowohl die Ursache als auch die Folge einer Brachygnathia inferior sein können. Die Ausbildung der Haken und die Ausprägung des Überbisses begünstigen sich gegenseitig, sodass es zu einer raschen Verschlechterung der Fehlstellung kommt.
Der Überbiss hindert in rostrokaudaler Richtung die Kaufunktion, sodass die ovoide Kaubewegung verhindert und ein Kauen in laterolateraler Ebene begünstigt wird.
Formen
Der Überbiss kann in zwei verschiedenen Ausprägungsformen auftreten:
- Vorbiss: Die Kauflächen der Schneidezähne sind noch partiell in Kontakt. In ausgeprägten Fällen berühren sich nur noch einzelne Inzisivi.
- Papageienschnabel: Die Schneidezähne des Ober- und Unterkiefers haben keinen Kontakt mehr, sodass sich die Schneidezähne aneinander vorbei schieben.
Klinik
Bei Bezäumung des Pferdes kommt es durch die Winkelung im Genick im physiologischen Zustand zum Vorgleiten des Unterkiefers nach kranial. Da der Überbiss ein rostrokaudales Gleithindernis darstellt, wird das Vorschieben des Unterkiefers unterbunden. Als Folge davon wird das Kiefergelenk in Fehlstellung überlastet, was zur Verspannung der Kau- und Halsmuskulatur bzw. der Halswirbelsäule führt.
In weiterer Folge kann es zu massiven Rittigkeitsproblemen kommen.
Diagnostik
Die Diagnose wird im Rahmen der zahnmedizinischen Untersuchung (noch vor der Sedierung) gestellt. Es ist zu beachten, dass ein geringgradig ausgeprägter Überbiss nur am gesenkten Kopf festzustellen ist.
Es sollte abgeklärt werden, ob es sich um eine angeborene Brachygnathia inferior handelt oder ob etwaige vorhandene Zahnhaken den Überbiss verursachen.
Therapie
Beim erworbenen Überbiss müssen die Zahnhaken an den P2 des Oberkiefers und den M3 des Unterkiefers durch Schleifen entsprechend korrigiert werden.
Bei frühzeitiger Diagnosestellung können angeborene Überbisse unter Klinikbedingungen mit einer Drahtcerclage korrigiert werden. Durch die Cerclage wird das Längenwachstums des Oberkiefers eingeschränkt, um den Abstand zum Unterkiefer entsprechend auszugleichen.
Quellen
- Simon T, Herold I. 2009. Praxisleitfaden der Zahn- und Kiefererkrankungen des Pferdes. 1. Auflage. Stuttgart: Parey in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-4178-6
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