Blutersatztherapie
Definition
Bei der Blutersatztherapie werden dem Organismus Substanzen zugeführt, welche die sauerstofftransportierende Funktion des Bluts übernehmen können. Im Gegensatz zur Transfusionstherapie handelt es sich dabei nicht um Blut oder Blutprodukte eines menschlichen Spenders, sondern um künstliche Verbindungen.
Artifizielle Sauerstoffträger
Es gibt zwei Arten von artifiziellen Sauerstoffträgern:
Hämoglobinbasierte Sauerstoffträger
Hämoglobin ist die sauerstoffbindende Komponente in den Erythrozyten. Als Blutersatzmittel kann es in der zellfreien Form eingesetzt werden, die jedoch einige unerwünschte Nebenwirkungen bzw. Limitationen hat. Hämoglobin ist außerhalb der roten Blutkörperchen instabil, nephrotoxisch, vasoaktiv und sehr anfällig für Oxidation, wodurch Methämoglobin entsteht. Die Oxidation führt zur Denaturierung der Proteinketten in den verschiedenen Untereinheiten, was die prosthetische Häm-Gruppe freisetzt, die zytotoxisch wirkt. Methämoglobin fördert außerdem die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies, die ebenfalls zellschädigend wirken.
Hämoglobin hat eine sehr hohe Affinität zu Sauerstoff. In Erythrozyten wird die Freisetzung des Sauerstoffs durch allosterische Bindung von 2,3-Bisphosphoglycerat begünstigt. Dieser Metabolit fehlt in zellfreien Hämoglobin-Lösungen - mit der Folge einer verminderten Sauerstoffabgabe.
Um diese negativen Effekte zu reduzieren, werden die Hämoglobin-Moleküle in künstlichen Lösungen auf verschiedene Weise modifiziert.
Eine Quervernetzung in Tetramere oder größere Polymere verzögert einen schnellen Zerfall des Hämoglobins und reduziert damit die zytotoxische Wirkung. Durch die Bindung von Pyridoxalphosphat wird die Sauerstoffaffinität verändert. Die Bindung von Polyethylenglycol beeinflusst die vasoaktiven Eigenschaften von freiem Hämoglobin. Durch Einschluss von Hämoglobin in artifizielle Liposomen kann ein künstliches Kompartiment gebildet werden, das die oben genannten negativen Effekte von freiem Hämoglobin verringert.
Zellfreies Hämoglobins kann menschlichen (alte Blutkonserven), tierischen (Rinderblut) oder rekombinanten Ursprungs sein.
Perfluorcarbone
Perfluorcarbone sind zyklische oder lineare Kohlenstoffverbindungen, die mit Fluor substituiert sind. Die Verbindungen sind chemisch und biologisch weitgehend inert und können Gase in großen Mengen lösen. Im Gegensatz zu hämoglobinbasierten Sauerstoffträgern binden Perfluorcarbone Gase nicht, sondern lösen sie physikalisch. Dadurch unterliegen sie keiner Sättigungskinetik und geben Gase vergleichbar schnell an die Gewebe ab. Während der Gabe von Perfluorcarbonen muss oft eine Beatmung oder Insufflation mit hohen Sauerstoffkonzentrationen stattfinden, da die Menge an gelöstem Sauerstoff direkt von der Gaskonzentration in der Atemluft abhängt.
Perfluorcarbone sind stark hydrophob und müssen daher vor einer intravenösen Applikation emulgiert werden. Der Emulsion werden Salze zur Einstellung des onkotischen und osmotischen Drucks zugefügt.
Vorteile
Künstliche Blutersatzmittel haben gegenüber Bluttransfusionen theoretisch folgende Vorteile:
- Freiheit von Infektionsrisiken
- Längere Haltbarkeit
- Universelle Verfügbarkeit
- Kompatibilität mit allen Blutgruppen
Nachteile
Bisher gibt es kaum Produkte, die in ausreichendem Maß die Anforderungen an einen künstlichen Bluterersatz erfüllen und zugelassen sind. Bei den hämoglobinbasierten Sauerstoffträgern überwiegen häufig die negativen Eigenschaften von zellfreiem Hämoglobin. Bei den Perfluorcarbon-Lösungen werden unerwünschte Nebeneffekte oft durch die verwendeten Emulgatoren ausgelöst.
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