Anovulatorischer Östrus (Katze)
Synonym: Ausbleiben der Ovulation/des Eisprungs
Englisch: anovulatory estrus
Definition
Als anovulatorischen Östrus bezeichnet man einen unphysiologisch verlaufenden Zyklus bei der Katze, bei dem es im Rahmen der Bedeckung zu keinem Eisprung (Ovulation) kommt.
Ätiologie
Als mögliche Ursachen für einen anovulatorischen Östrus kommen in Frage:
- Verminderte Ansprechbarkeit der Ovarien bzw. der Follikel aufgrund einer verfrühten Bedeckung.
- Mangelnde bzw. unzureichende LH-Ausschüttung (Luteinisierendes Hormon) aufgrund einer zu geringen Paarungsfrequenz.
- Unzureichende Stimulation der Hormonausschüttung durch einen mangelhaften Deckakt, z.B. aufgrund fehlender Hornfortsätze im Bereich der Penisspitze infolge einer endokrinen Hodeninsuffizienz (Hodenatrophie mit Beteiligung der Leydig-Zellen).
Pathogenese
Bei einer Verpaarung in der proöstrischen Phase sind die Follikel noch nicht in der Lage, auf das sezernierte LH zu reagieren, sodass keine Ovulation stattfindet. In diesem Fall bleibt der Eisprung aus (anovulatorischer Östrus).
Eine zu geringe LH-Konzentration im Plasma verhindert ebenfalls eine Ovulation. Da die LH-Ausschüttung vom Kater durch die Paarungsfrequenz gesteuert wird (kumulative Erhöhung), kann es bei mangelnder sexueller Aktivität auch zu einem absoluten Mangel an LH kommen, sodass ebenfalls eine Ovulation ausbleibt.
In seltenen Fällen entwickeln sich aufgrund hormoneller Dysbalance an der Penisspitze des Katers keine sogenannten Penisstacheln. Diese Stacheln leiten jedoch durch die mechanische Stimulation bei der Kopulation die LH-Ausschüttung bei der Kätzin ein. Fehlen dieses Zubildungen, bleibt der neuroendokrine Reflex aus, sodass es zu einem anovulatorischen Östrus kommt.
Klinik
Diagnose
Im Rahmen der Diagnose ist eine gynäkologische Untersuchung inkl. vaginalzytologischer Beurteilung durchzuführen.
Durch Bestimmung der Progesteronkonzentration kann retrospektiv evaluiert werden, ob eine Ovulation stattgefunden hat oder ausgeblieben ist. Da ohne Ovulation auch kein Gelbkörper (Corpus luteum) ausgebildet wird, bleibt auch die Progesteronkonzentration unterhalb der Nachweisgrenze (< 1,0 ng/ml).
Therapie
Die Therapie orientiert sich in erster Linie an einer Verbesserung des Zuchtmanagements. Hierzu gehören folgende Faktoren:
- Die Bedeckung sollte nicht vor dem 3. Tag des Östrus erfolgen.
- Die Kätzin sollte an 2 aufeinander folgenden Tagen für 2 bis 3 Stunden mit einem fertilen Kater zusammen gebracht werden, um 4 bis 5 Kopulationen zu gewährleisten.
- Der zur Zucht eingesetzte Kater sollte andrologisch untersucht (v.a. Hodengröße und Penisstacheln) werden.
Kann dennoch keine Besserung erzielt werden, liegen häufig schwerwiegende und gegebenenfalls kongenitale bzw. vererbbare Ovarfunktionsstörungen vor. In diesen Fällen kann eine medikamentöse Therapie mit hCG (100 bis 150 I.E./Tier i.m.) oder einem GnRH-Analogon (z.B. Buserelin 0,2 µg/kgKG i.m.) versucht werden. Ein Einsatz in der Zucht sollte aber aufgrund erbhygienischer Aspekte vermieden werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Günzel-Apel A, Bostedt H (Hrsg.). 2016. Reproduktionsmedizin und Neonatologie von Hund und Katze. Mit 250 Abbildungen und 150 Tabellen. Stuttgart: Schattauer GmbH. ISBN: 978-3-7945-2249-1