Angioneogenese
Englisch: neoangiogenesis
Definition
Als Angioneogenese bezeichnet man die Neubildung von Blutgefäßen.
Vorkommen
Die Angiogenese findet im Rahmen physiologischer Umbauvorgänge ständig statt. Sie wird durch komplexe Regulationsvorgänge unter Beteiligung von Wachstumsfaktoren und inhibierenden Substanzen gesteuert.
Die Angioneogenese ist besonders wichtig bei:
- Heilung von Verletzungen, beispielsweise im Rahmen einer Wundheilung
- Ausbildung von Kollateralkreisläufen, beispielsweise in ischämischen Versorgunsgebieten
- Wachstum von malignen Neoplasien
Ablauf
Der Ablauf der Angioneogenese läuft nach einem prinzipiellen Schema ab:
- Aussendung von Kapillaren aus einem bestehenden Blutgefäß
- Migration von Endothelzellen zum Ort der Gefäßneubildung
- Endothelproliferation
- Reifung des Endothels mit Wachstumsbegrenzung und Rekrutierung von Perizyten für Kapillaren oder Myozyten zur Ausbildung einer Gefäßwand
Regulation
Der Startschuss für die Angioneogenese ist die Freisetzung von Wachstumsfaktoren. Zwei der wichtigsten Wachstumsfaktoren sind in diesem Zusammenhang FGF (fibroblast growth factor) und VEGF (vascular endothelial growth factor). Die Wachstumsfaktoren werden von einer Vielzahl von Zellen (u.a. Makrophagen) sezerniert. Zudem werden sie bei Beschädigungen der Extrazellulärmatrix (z.B. durch Verletzungen) freigesetzt.
Durch Stimulation von Rezeptoren auf Endothelzellen wird die Migration und Endothelproliferation in Gang gesetzt. Die Extrazellulärmatrix dient bei der Angioneogenese als Leitschiene und interagiert mit Oberflächenstrukturen der Endothelzellen. So wird die Gefäßneubildung einerseits zugelassen und andererseits eine überschießende Aktivität wirkungsvoll gehemmt.
Onkologie
Um auf eine Größe von über 1 bis 2 mm heranwachsen zu können, müssen maligne Neoplasien eine Versorgung mit Blutgefäßen sicherstellen. Die Angioneogenese ist in diesem Zusammenhang ein entscheidender Faktor für das lokale Wachstum von Tumoren und Voraussetzung für eine Metastasierung.
Maligne Neoplasien sind entweder selbst zu einer Sekretion der entsprechenden Wachstumsfaktoren befähigt, oder sie erfolgt durch eingewanderte Zellen (z.B. Makrophagen). In maligne entarteten Zellen sind häufig Defekte regulatorischer Signalwege für eine ausufernde Angioneogenese verantwortlich.
Beispielsweise führt der Funktionsverlust des Tumorsuppressorgens p53 zur verminderten Freisetzung von Thrombospondin, einem Inhibitor der Angioneogenese. Die Aktivierung des RAS-Onkogens führt zu einer vermehrten Transkription von VEGF als wachstumsfördernden Faktor.
Eine Vielzahl von Forschungsgruppen beschäftigt sich mit der Suche nach Möglichkeiten zur pharmakologischen Beeinflussung der Angioneogenese. Substanzen wie Angiostatin und Endostatin, die bei der Proteolyse der Extrazellulärmatrix und Plasminogens freigesetzt werden, können die Angioneogenese hemmen. Zudem finden monoklonale Antikörper, die sich gegen die angiogenetischen Wachstumsfaktoren richten, klinische Anwendung. VEGF-Inhibitoren, wie z.B. Bevacizumab, werden unter anderem in der Therapie der altersbedingten Makuladegeneration und in der zielgerichteten Tumortherapie mit dem Ziel der Anti-Angiogenese eingesetzt.
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