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Ammen-Dornfinger

Synonyme: Dornfingerspinne, Dornfinger
Englisch: yellow sac spider

1. Definition

Der Ammen-Dornfinger ist eine Art der Webspinnen und eine von zehn Arten der Gattung Cheiracanthium in Mitteleuropa. Die zoologische Bezeichnung lautet Cheiracanthium punctorium.

2. Biologie

2.1. Merkmale

Es wird eine Körperlänge von 10 bis 15mm (Weibchen) bzw. 8 bis 12mm (Männchen) erreicht. Das Prosoma (Vorderkörper) ist orange bis gelbbraun gefärbt, die Chelizeren (Gift- bzw. Kieferklauen) sind orange bis gelbbraun mit schwarzer Spitze. Das Opisthosoma (Hinterleib) ist grünlich-gelb und weist im vorderen Teil einen dunkeren, länglichen Fleck auf. Die Chelizeren des Männchens sind stark verlängert. Weiterhin sind die Beine des Männchens wie das Prosoma gefärbt, während sie beim Weibchen grünlich sein können. Jungtiere haben einen olivgrünen Hinterleib mit zwei gelbgrünen Längsstreifen.

Verwechslungen von Cheiracanthium-Arten sind unter anderem mit Sackspinnen der Gattung Clubiona möglich. Merkmale bzw. Unterschiede zu Clubiona sind: Cheiracanthium ist langbeiniger; das erste Bein ist länger als das zweite, während bei Clubiona das zweite Bein das erste übertrifft. Ferner besitzt Clubiona einen plumperen Körperbau. Cheiracanthium-Arten sind grünlich bis hell bräunlich-gelb gefärbt, niemals jedoch grau.

Der Giftapparat besteht aus im Prosoma lokalisierten Giftdrüsen und Chelizeren mit Giftkanal. Die Chelizeren besitzen eine labidognathe Stellung, sie bewegen sich beim Biss also scherenförmig.

2.2. Lebensweise

Die Art tritt zwischen Juli und September mit adulten Tieren in Erscheinung. Diese legen relativ frei Gespinstsäcke in der Vegetation (Gräser und andere Wiesenkräuter) an, meist in einer Höhe zwischen 30 und 50 cm. Die Paarungszeit erstreckt sich über den Juli. Männchen und Weibchen bewohnen dabei ein gemeinsames Gespinst. Zur Paarung kriecht das Männchen unter das Weibchen. Die Übertragung der Spermien erfolgt wie für Webspinnen typisch mithilfe der Pedipalpen (Tastbeine), deren letztes Glied (Bulbus) zu einem Spermatophor modifiziert ist. Die Taster werden nach der Aufnahme der Spermien abwechselnd in die weibliche Geschlechtsöffnung eingeführt. Die Eiablage erfolgt im August. Der Kokon enthält etwa hundert Eier. Das Weibchen verteidigt das Gespinst vehement.

3. Vorkommen

Die Lebensräume werden von trockenen bis mäßig feuchten, offenen Flächen dargestellt. Biotope sind beispielsweise extensiv genutzte Wiesen, Steppenrasen oder sandiges Ödland mit entsprechender Vegetation.

Das Verbreitungsgebiet umfasst Europa und Zentralasien. In Deutschland kommt der Ammen-Dornfinger besonders in wärmebegünstigten Gebieten vor. Schwerpunkte stellen hierbei Berlin und Brandenburg sowie Saarland, Oberrhein und Maingebiet/ Rheinhessen dar.[1] Ferner sind Odenwald, Schleswig-Holstein und Oberfranken zu nennen.

Cheiracanthium punctorium ist häufig im Mittelmeerraum anzutreffen, jedoch gefährdet in Deutschland (Rote Liste).

4. Toxikologie

Der Ammen-Dornfinger ist eine der wenigen Spinnenarten Deutschlands, deren Biss zu Vergiftungen beim Menschen führen kann. Die Chelizeren beider Geschlechter können in die menschliche Haut eindringen. Das Giftsekret enthält in erster Linie Proteine. Im Versuchsmodell (Maus) zeigen sich neurotoxische Effekte, die einer Proteinfraktion mit einer Molekülmasse von 60.000 Da zugeschrieben werden.

4.1. Symptome der Intoxikation

Nach einem Giftbiss können beim Menschen folgende Symptome auftreten:

Die meisten Beschwerden klingen innerhalb von 24 Stunden wieder ab. Teilweise wird über persistierende Schwellung und Schmerzen über zwei Wochen berichtet. EKG sowie Blutbild/ Blutwerte sind in der Regel unauffällig.

Die Therapie erfolgt symptomatisch. Zumeist sind keine Maßnahmen zu treffen. Bei auftretenden Nekrosen ist unter Umständen eine Wundtoilette indiziert.

5. Epidemiologie

Es kommt in Deutschland nur selten zu Bissunfällen mit dem Ammen-Dornfinger, etwa beim versehentlichen Kontakt zu den Gespinsten. Unter Umständen wird der einsetzende Schmerz nicht mit dem Spinnenbiss in Verbindung gebracht und fälschlich einem Wespenstich zugeordnet. Ferner können Spinnenbisse der Gattung Loxosceles in Gebieten mit gemeinsamem Vorkommen ähnliche Effekte hervorrufen, wodurch Fehldiagnosen nicht ausgeschlossen sind.

6. Einzelnachweise

  1. Arachnologische Gesellschaft, 2017

7. Literatur

  • Mebs, Dietrich (2010): Gifttiere - Ein Handbuch für Biologen, Toxikologen, Ärzte und Apotheker, Wissenschaftl. Verl. Gesellschaft, Stuttgart, 3. Aufl.
  • Bellmann, Heiko (1997): Spinnentiere Europas, Franckh-Kosmos Verl.
Stichworte: Gifttier, Spinnentier
Fachgebiete: Biologie, Toxikologie

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