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Transkranielle Magnetstimulation

Englisch: transcranial magnetic stimulation

1. Definition

Die transkranielle Magnetstimulation, kurz TMS, ist ein nicht-invasives Verfahren, bei der Gehirnareale mithilfe von Magnetfeldern durch die Schädelkalotte (transkraniell) stimuliert oder gehemmt werden können. Die TMS wird sowohl in der Grundlagenforschung als auch zur Diagnose und Therapie verschiedener neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen eingesetzt.

2. Geschichte

Bereits in den 1890er Jahren wurde die erste Magnetstimulation in Paris durchgeführt. Federführend war der französische Physiker und Mediziner Jacques-Arsène d'Arsonval. Er verwendete dabei Starkstromspulen und konnte in Versuchen nachweisen, dass die abgegebenen Impulse im Gehirn eine elektrische Reaktion auslösen.

Die Grundlagen der modernen TMS wurden 1985 von der Arbeitsgruppe um Barker et al. an der Universität von Sheffield konzipiert.[1] Erste Fallstudien zum Effekt der TMS bei Depressionen wurden 1993 und 1995 veröffentlicht.[2][3] Damit stand erstmals eine nichtinvasive, nahezu schmerzlose Methode zur Messung von kortikaler und kortikospinaler Exzitabilität zur Verfügung. Über die Zeit wurde die TMS zunehmend in der neurophysiologischen Forschung und in der Diagnostik und Therapie verschiedener Erkrankungen des zentralen Nervensystems eingesetzt.

Mittlerweile (2024) ist die therapeutische Wirksamkeit der TMS bei verschiedenen neurologischen (z.B. Armparese nach Schlaganfall) und psychiatrischen Erkrankungen (z.B. therapieresistente Depression) erwiesen und bereits Bestandteil entsprechender Leitlinien.

3. Technische Grundlagen

Die physikalischen Grundlagen der TMS beruhen auf dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion, 1988 beschrieben nach Hess und Ludin: Sie induzierten über ein sich rasch änderndes Magnetfeld ein elektrisches Feld, das wiederum zu einer fokalen Erregung kortikaler Neurone im stimulierten Kortexareal führt. Innerhalb einer Millisekunde wird hochintensive Energie von 400 bis 2.000 Joules bei großer Spannung von 500 bis 4.000 Volt über eine Spule (meistens zwei miteinander verbundene Rundspulen, sog. Schmetterlingsspule) entladen und erzeugt so ein Magnetfeld von bis zu 3 Tesla. Dieses Magnetfeld ist im rechten Winkel zur Spulenebene und zum elektrischen Wechselfeld ausgerichtet. Es wird durch die Schädelkalotte nicht wesentlich abgeschwächt und bildet somit die "Pforte" für die elektrische Kortexstimulation.

Übersteigt der induzierte transzelluläre Strom die Reizschwelle der im Motorkortex horizontal verlaufenden Pyramidenfasern, wird in den kortikalen Neuronen ein Aktionspotential ausgelöst und es entsteht ein transaxonaler Stromfluss.

Vermutlich werden keine tieferliegenden Strukturen, wie z.B. die Basalganglien direkt erregt. Der genaue Mechanismus ist sehr viel komplexer und noch nicht abschließend verstanden.

Neben exzitatorischen Phänomenen kommt es bei der TMS auch zu einer intra- und interkortikalen Hemmung durch Erregung inhibitorischer Interneurone.

4. Anwendungsgebiete

In der Neurologie wird die TMS vorwiegend zur Untersuchung kortikospinaler Bahnen verwendet. Mögliche Indikationen sind:

Darüber hinaus werden transkallosale Verschaltungsmechanismen bei Schizophrenie-Patienten untersucht.

Neben der Erforschung und Diagnostik von Erkrankungen kommt der therapeutischen Säule der TMS eine immer höhere Bedeutung zu. Hier spielen auch Doppelstimulationsverfahren eine wichtige Rolle.

Bei therapieresistenten Depressionen ist die TMS inzwischen Bestandteil der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL).[4] Erste Behandlungserfolge wurden darüber hinaus erzielt bei:

5. Wirkungsmechanismus

Auch wenn nicht alle Mechanismen der TMS vollständig erforscht sind, gilt es als erwiesen, dass der von extern hinzugefügte Energieimpuls im Gehirn zur Auslösung einer Kaskade von Aktionspotenzialen führt. Gleichzeitig kommt es (wahrscheinlich u.a. durch laterale Inhibition) zu einer simultanen Hemmung von anderen Hirnregionen. Die im Gehirn stattfindende Depolarisation beginnt im Axon und breitet sich anschließend über den Zellkörper des Neurons und die Dendriten weiter aus. Die Magnetfeldstärke, die ausreicht, um gerade noch ein Aktionspotenzial auszulösen, nennt man Erregungsschwelle. Diese ist besonders niedrig im Bereich von Nervenendigungen und Aufzweigungen von Nervenbahnen.

6. Nebenwirkungen

Häufig klagen Patienten nach einer TMS über Kopfschmerzen, die aber in der Regel nach einigen Stunden wieder abklingen und insgesamt gut mit gängigen Schmerzmitteln behandelbar sind. Die TMS kann zur Auslösung epileptischer Anfälle führen, insbesondere bei Patienten mit entsprechender Prädisposition. Basierend auf der systematischen Erfassung von Nebenwirkungen wurden Mindeststandards für die TMS-Behandlung etabliert, die sogenannten Wassermann-Kriterien.[5] Dadurch konnte das Risiko für epileptische Anfälle gesenkt werden, sodass dieses mittlerweile als gering eingestuft wird.[6] Dennoch muss das Risiko bei Patienten mit einer epileptischen Prädisposition sorgfältig abgewogen werden.

7. Quellen

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Gunnar Römer
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16.09.2024, 15:31
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