Serumkreatinin
Synonym: Kreatinin im Serum
Englisch: serum creatinine
Definition
Serumkreatinin ist ein Laborparameter, der zur groben Abschätzung der Nierenfunktion (glomeruläre Filtrationsleistung) bestimmt wird – als Einzelwert oder im Rahmen der Kreatinin-Clearance mit Sammelurin.
Terminologie
"Serumkreatinin" ist ein Begriff der medizinischen Umgangssprache, da Kreatinin ebensogut aus Plasma gemessen werden kann. In vivo handelt es sich immer um Plasmakonzentrationen.
Biochemie
Kreatinin ist ein harnpflichtiges Stoffwechselprodukt, das mit relativ konstanter Rate über den Urin ausgeschieden wird. Es entsteht als Abbauprodukt des Energiestoffwechsels in der Muskulatur. Die tägliche Ausscheidungsmenge ist proportional zur Muskelmasse, die stündliche Ausscheidung ist relativ konstant. Bei höheren Serumkonzentrationen kann Kreatinin auch aktiv sezerniert werden.
Indikationen
- Überprüfung der Nierenfunktion, z.B. bei Verdacht auf Niereninsuffizienz oder bei Erkrankungen, welche die Nieren schädigen:
- Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Hyperurikämie)
- Systemerkrankungen (z.B. Kollagenosen)
- Hypertonie
- Kreislaufversagen (z.B. Schockzustände, akuter Wasser- oder Blutverlust)
- Verlaufskontrolle bei Nierenerkrankungen
- Kontrolle zur Dosisanpassung bei Gabe von nephrotoxischen oder vorwiegend renal eliminierten Medikamenten
Material
Für die Untersuchung wird 1 ml Serum benötigt.
Referenzbereich
Klientel | Norm | |
---|---|---|
Männer | 0,6 - 1,2 mg/dl bzw. 53,1 - 106,2 μmol/l | |
Frauen | 0,5 - 1,0 mg/dl bzw. 44,3 - 88,2 μmol/l | |
Kinder | Neugeborene | wie Mutter |
1 - 30 Tage | 0,5 - 1,2 mg/dl | |
1 - 12 Monate | 0,4 - 0,7 mg/dl | |
1 - 3 Jahre | 0,4 - 0,7 mg/dl | |
4 - 6 Jahre | 0,5 - 0,8 mg/dl | |
7 - 9 Jahre | 0,6 - 0,9 mg/dl | |
10 - 12 Jahre | 0,6 - 1,0 mg/dl | |
13 - 15 Jahre | 0,6 - 1,2 mg/dl | |
16 - 18 Jahre | 0,8 - 1,4 mg/dl |
Hinweis: Referenzwerte sind häufig vom Messverfahren abhängig und können von den o.a. Werten abweichen. Ausschlaggebend sind die Referenzwerte, die vom Labor angegeben werden, das die Untersuchung durchführt.
Umrechnung
Die Umrechnung zwischen beiden Werten basiert auf folgender Formel:
- Wert in mg/dl x 88,4 = Wert in μmol/l
Analysemethoden
Serumkreatinin kann im Labor mit unterschiedlichen Analysemethoden bestimmt werden. Das präziseste Verfahren ist die massenspektrometrische Isotopenverdünnungsanalyse (IDMS). Die IDMS ergibt tendenziell geringere Werte für Serumkreatinin als ältere Analysemethoden, wenn das Serumkreatinin niedrig ist. Dieser Umstand ist wichtig, wenn das Serumkreatinin zur Berechnung der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) herangezogen wird.
Darüber hinaus kann die Kreatininkonzentration mit der Jaffé-Methode bestimmt werden. Dabei handelt es sich um einen kinetischen Farbtest. Nach der Komplexbildung von Kreatinin mit Pikrinsäure zeigt sich eine gelb-orange Färbung, deren Intensität proportional zur Kreatininkonzentration ist und photometrisch gemessen werden kann. Der Test ist für Serum von 0,2 bis 25,0 mg/dl linear.
Verbreitet ist außerdem die enzymatische Messung des Serumkreatinins.
Interpretation
Erhöhte Werte
- Ohne renale Ursache
- Exsikkose
- Akromegalie (vermehrte Muskelmasse)
- Bodybuilding
- Kreatin-Supplementierung
- erhöhte Kreatininfreisetzung aus der Muskulatur nach massiver Muskelarbeit (Rhabdomyolyse), CAVE: eine Rhabdomyolyse kann gleichzeitig eine Nierenschädigung auslösen (Crush-Syndrom)
- verringerte tubuläre Kreatinin-Sekretion durch Medikamente
- Akutes Nierenversagen
- prärenal
- Schock (hypovolämisch, kardiogen, septisch, anaphylaktisch)
- renal
- toxische oder allergische Medikamentenreaktion
- Röntgenkontrastmittel
- Myolyse
- Hämolyse
- Plasmozytom
- Sepsis
- EPH-Gestose
- rapid progressive Glomerulonephritis
- Systemerkrankungen
- postrenal
- prärenal
- Chronische Niereninsuffizienz
- Glomerulonephritiden
- interstitielle Nephritiden
- Diabetische Nephropathie (Kimmelstiel-Wilson)
- Hypertonie
- Kollagenosen
- Ig-Leichtketten-Proteinurie (Plasmozytomniere)
- Zystennieren
Falsch hohe Werte können durch verschiedene Stoffe bedingt sein, z.B.:
- Ascorbinsäure
- Acetylsalicylsäure
- verschiedene Antibiotika
- Fruktose
- Glukose
- Ketonkörper
- Naproxen
Erniedrigte Werte
Erniedrigte Kreatininwerte im Serum können auf Untergewicht sowie Muskelatrophie zurückgeführt werden, können aber auch im Rahmen einer Schwangerschaft vorliegen.
Aussagekraft
Serumkreatinin ist als Marker der Nierenfunktion relativ unsensitiv. Es kommt erst dann zu einem Anstieg des Serumkreatinins, wenn die glomuläre Filtrationsrate auf 50 % oder weniger reduziert ist. Geringere Nierenfunktionseinschränkungen sind daher am Serumkreatininwert nicht zu erkennen (sog. "kreatininblinder Bereich").
Ein weiteres Manko ist, dass die Serum- bzw. Plasmakonzentration des Kreatinins nicht nur von seiner renalen Clearance abhängt, sondern auch von der Muskelmasse. Kachektische Patienten können z.B. schon bei einem Serumkreatinin von weniger als 3 mg/dl dialysepflichtig sein.[1] Ähnliches gilt für Diabetiker oder Gelähmte mit geringer Muskelmasse, alte Menschen oder Patienten mit größeren Amputationen. In solchen Fällen empfiehlt sich die Messung der Cystatin C-Konzentration, aus der ebenfalls eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate berechnet werden kann.
Quelle
- ↑ Kuhlmann et al. Nephrologie. Thieme-Verlag, 2015
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