Auge
Synonym: Oculus
Englisch: eye
Definition
Das Auge ist das Sehorgan des Menschen, welches der Wahrnehmung elektromagnetischer Strahlung mit einer Wellenlänge von ca. 350 nm bis ca. 750 nm dient. Dabei setzt es die physikalischen Reize in Nervenzellimpulse um, die vom Gehirn als Farben, Formen und Bewegungen interpretiert werden.
Hintergrund
Die einfachsten "Augen" sind lichtempfindliche Sinneszellen auf der Außenhaut, die als passive optische Systeme funktionieren. Sie können nur erkennen, ob die Umgebung hell oder dunkel ist. Man spricht hier von Hautlichtsinn.
Bei den meisten Wirbeltieren und einigen Weichtieren, z.B. Tintenfischen, wird im Auge ein Bild auf eine lichtempfindliche Schicht projiziert, die Netzhaut oder Retina genannt wird. Dort wird das Licht von Sinneszellen wahrgenommen und die Nervenimpulse durch den Sehnerv ans Gehirn weitergeleitet. Das Auge ist im allgemeinen ungefähr kugelförmig und der größte Teil, der so genannte Glaskörper, ist mit einer gelartigen, durchsichtigen Substanz gefüllt. Das Auge besitzt meistens eine veränderliche Linse, um das Bild scharfzustellen, und oft einen Ringmuskel, die Iris, der die Pupille bei starkem Lichteinfall verkleinern kann, so dass das Auge vor zu viel Licht geschützt wird. Das Auge wird oft durch Augenlider geschützt, zum Schutz vor starken Schlägen liegt das Auge im allgemeinen tief im Schädel, wobei teilweise Knochenwülste rings ums Auge weiteren Schutz bieten.
Evolution
Obwohl sich die Augen von Wirbeltieren und Weichtieren im Aufbau stark ähneln, haben sie sich unabhängig voneinander entwickelt. Dies wird bei der Bildung des Auges beim Embryo sichtbar: Während sich das Auge bei Wirbeltieren durch eine Ausstülpung der Zellen entwickelt, die später das Gehirn bilden, entsteht das Auge der Weichtiere durch eine Einstülpung der äußeren Zellschicht, die später die Haut bilden. Es gibt Schätzungen, dass Augen der verschiedensten Bauweisen im Laufe der Evolution etwa 40 Mal neu entwickelt wurden.
Anatomie
Das Auge kann man grob in den Augapfel, Bulbus oculi, und die Anhangsorgane (Augenlider, Augenmuskeln etc.) unterteilen. Sie befinden sich in einer geräumigen Aussparung des Schädels, der Augenhöhle (Orbita). Am Bulbus oculi unterscheidet man drei Schichten:
- Äußere Augenhaut (Tunica fibrosa bulbi, Tunica externa bulbi)
- Mittlere Augenhaut oder Uvea (Tunica vasculosa bulbi, Tunica media bulbi)
- Iris (Regenbogenhaut)
- Corpus ciliare (Ziliarkörper)
- Choroidea (Aderhaut)
- Innere Augenhaut oder Retina (Tunica interna bulbi)
Der Innenraum des Augapfels enthält als lichtbrechende Strukturen den Glaskörper (Corpus vitreum) und die Augenlinse (Lens oculi). Im vorderen Augenabschnitt unterscheidet man die beiden Augenkammern (Camera anterior bulbi und Camera posterior bulbi).
Augenmuskulatur
Die Augenmuskulatur lässt sich in die äußere Augenmuskulatur und die innere Augenmuskulatur unterteilen.
Während die äußere Augenmuskulatur zur Änderung der Blickrichtung dient und als Skelettmuskulatur der willkürlichen Kontrolle unterliegt, ist die innere Augenmuskulatur glatte Muskulatur, die ihre Funktion im Rahmen der Akkommodation und Pupillomotorik ausübt.
Im weitesten Sinne können auch am äußeren Auge befindliche mimische Muskeln zur Augenmuskulatur gezählt werden, da diese die Weite der Augenlider regulieren können.
Gefäßversorgung
Die arterielle Gefäßversorgung des Auges erfolgt durch Äste der Arteria ophthalmica:
Die Arteria centralis retinae versorgt den Sehnerven und die inneren Schichten der Retina, die Arteriae cilliares versorgen die Choroidea und über sie die äußeren Schichten der Retina. Zwischen der Choroidea und der Retina besteht die Blut-Retina-Schranke.
Für den venösen Abfluss sind im Wesentlichen folgende Gefäße verantwortlich, die alle in die Vena ophthalmica superior und inferior abfließen:
Innervation
Die Innervation des Auges erfolgt in erster Linie über verschiedene Hirnnerven:
- Sehnerv (Nervus II): Er ist der erste Abschnitt der Sehbahn und leitet die visuelle Information aus dem Auge an höhere Hirnzentren.
- Nervus oculomotorius (Nervus III): Steuert somatomotorisch vier äußere Augenmuskeln ( Musculus rectus superior, Musculus rectus medialis, Musculus rectus inferior und Musculus obliquus inferior) sowie den Musculus levator palpebrae superioris. Er führt viszeromotorische Fasern zum Ganglion ciliare.
- Nervus trochlearis (Nervus IV): Innerviert somatomotorisch den Musculus obliquus superior.
- Nervus abducens (Nervus VI): Versorgt somatomotorisch den Musculus rectus lateralis.
- Nervi ciliares longi: Diese sympathischen Fasern aus dem Ganglion cervicale superius innervieren den Musculus dilatator pupillae, der die Pupille weitet.
- Nervi ciliares breves: Sie führen parasympathische Fasern, die vom Nervus oculomotorius kommend, im Ganglion ciliare umgeschaltet werden. Die Nervi ciliares breves innervieren den Musculus sphincter pupillae (Pupillenverengung) und den Musculus ciliaris (Akkommodation).
Physiologie
Sehschärfe
Als Sehschärfe oder Visus bezeichnet man das Potenzial eines Lebewesens, durch das Auge diverse Umweltstrukturen wahrzunehmen und zu erkennen. Je höher die Sehschärfe, desto kleiner ist die Distanz, bei der zwei Objektpunkte getrennt wahrgenommen werden können. Die Sehschärfe ist eine messbare Größe, die man bei der Untersuchung des Auges als diagnostischen Parameter heranzieht.
Akkomodation
Den Prozess der Scharfstellung bezeichnet man als Akkommodation. Werden entfernte Objekte fokussiert, spricht man von Fernakkommodation, andernfalls von Nahakkommodation. Die dafür verantwortliche Struktur ist der Ziliarmuskel. Seine Kontraktion führt zu einer Erschlaffung der Zonulafasern, welche die Linse am Ziliarkörper verankern und dadurch unter Spannung halten. Wird die Spannung der Zonulafasern reduziert, folgt die Augenlinse ihrer Eigenelastizität, rundet sich ab und verändert ihre Brechkraft.
Gesichtsfeld
Das Gesichtsfeld ist der Wahrnehmungsbereich, der sich bei ruhiger, gerader Kopfhaltung und geradeaus gerichtetem, bewegungslosem Blick abbildet. Beim Menschen beträgt das binokulare horizontale Gesichtsfeld etwa 210°. Es wird in Sehwinkelgraden angegeben.
Klinik
Die Erkrankungen des Auges sind die Domäne der Augenheilkunde (Ophthalmologie). In der universitären Augenheilkunde werden dabei Erkrankungen des vorderen und des hinteren Augenabschnitts unterschieden. Wichtige bzw. häufige Augenerkrankungen sind:
- Hornhautverkrümmung oder Stabsichtigkeit (Astigmatismus)
- Farbenblindheit
- Grauer Star (Katarakt)
- Grüner Star (Glaukom)
- Kurzsichtigkeit (Myopie)
- Weitsichtigkeit (Hyperopie)
- Altersweitsichtigkeit (Presbyopie)
- Ausfall eines Sehfeldes (Skotom)
- Schielstellung der Augen
Weniger häufig, aber klinisch bedeutsam, sind ferner Tumorerkrankungen des Auges.
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast (Eins aufs Auge): © David Clode / Unsplash
- Bildquelle Podcast (Die Sehbahn): © Midjourney