Dissolution
Englisch: dissolution
1. Definition
Dissolution oder Auflösung bezeichnet das In-Lösung-Gehen von Molekülen und ist ein wichtiger Aspekt der Arzneimittelentwicklung. Die Prüfung auf Dissolution misst vor allem die Lösungsgeschwindigkeit und ist im Europäischen Arzneibuch festgehalten.
2. Hintergrund
Der Begriff “Dissolution” wird in der deutschen Version des Europäischen Arzneibuchs mit “Wirkstofffreisetzung” übersetzt. Bei einer Dissolutionsprüfung wird gemessen, wie schnell der Wirkstoff aus einer Arzneiform in eine umgebende Flüssigkeit übergeht. Diese Werte sind wichtig zur Abschätzung der Bioverfügbarkeit und des Wirkeintritts eines Arzneimittels. Außerdem wird die Dissolution herangezogen, um die pharmazeutische Äquivalenz von Original- und Generikapräparaten zu bewerten.
Die Prüfungen auf Dissolution sind zu großen Teilen mit anderen Arzneibüchern, z.B. USP, vereinheitlicht worden.
3. Faktoren
Die Dissolution ist von einer Kombination verschiedener Faktoren abhängig:
- Desintegration: Die Zerfallszeit von bspw. Tabletten ist essenziell für die Lösungsgeschwindigkeit eines Arzneistoffs, da langsamer oder unzureichender Zerfall dazu führt, dass Wirkstoff in Partikeln “gefangen” bleibt. Hilfsstoffe, wie Sprengmittel, können die gemessene Wirkstofffreisetzung somit beschleunigen.
- Löslichkeit: Ein schlecht wasserlöslicher Wirkstoff kann eine langsame Lösungsgeschwindigkeit aufweisen und die Dissolutionsprüfung erschweren, wenn keine Sinkbedingungen eingehalten werden können.
- Physikalische Eigenschaften: Die Lösungsgeschwindigkeit wird von der Partikelgröße bzw. -oberfläche beeinflusst, aber auch vom kristallinen oder amorphen Zustand der Substanz.
- Filmüberzüge: Wenn eine verzögerte oder verlangsamte Wirkstofffreisetzung therapeutisch erwünscht ist, kann eine Prüfung auf Dissolution untersuchen, ob die retardierende Formulierung funktioniert.
4. Arzneibuchbestimmungen
Im Europäischen Arzneibuch sind mehrere Kapitel für Dissolutionsprüfungen enthalten, die jeweils auf verschiedene Arzneiformen ausgerichtet sind. Eine häufige Prüfung ist Kapitel “2.9.3. Wirkstofffreisetzung aus festen Arzneiformen”, die u.a. für Tabletten und Kapseln gilt. Die Prüfung wird in einem Puffer mit physiologischem pH-Wert durchgeführt, der verschiedene Bereiche des Gastrointestinaltrakts simuliert (z.B. pH 1,2 für den Magen oder pH 6,8 für den Dünndarm). Der Puffer muss bei einer Temperatur von 37 °C gehalten werden. Bei der Messung muss die Probe immer aus der exakt gleichen Stelle im Testgefäß entnommen werden, um Schwankungen durch Konzentrationsgradienten zu vermeiden. In der Monografie sind verschiedene Instrumente gelistet, aus denen eine passende gewählt werden kann:
- Basket-Methode: Hier wird die Tablette in einem “Metallkäfig” festgehalten, der in einem Volumen von ca. 1 Liter Puffer rotiert. Das hohe Volumen soll Sink-Bedingungen sicherstellen, damit die Dissolution nicht durch Erreichen der Sättigungskonzentration behindert wird, und die kontinuierliche Resorption im Körper besser simuliert wird.
- Paddle-Methode: Die Tablette befindet sich auf dem Boden des Pufferbehältnisses. Über ihr befindet sich ein Drehrührer, der rotiert und den Puffer “durchmischt”. Diese Methode ist nicht für Arzneiformen geeignet, die aufgrund geringer Dichte oben aufschwimmen.
- Eintauchende Zylinder: Die Tablette befindet sich in einem Metallzylinder, der sich vertikal auf und ab bewegt und immer wieder in die Pufferflüssigkeit eintaucht.
- Durchflusszelle: Die Tablette befindet sich in einer Röhre, durch die kontinuierlich frischer Puffer gepumpt wird. Diese Methode eignet sich für Arzneistoffe mit sehr schlechter Löslichkeit, da der freigesetzte Wirkstoff stets aus dem System abtransportiert wird.
Für die Prüfung magensaftresistenter Arzneiformen wird zuerst 2 Stunden lang die Basket- oder Paddle-Methode in 0,1 M Salzsäure durchgeführt. Anschließend wird die Testflüssigkeit gegen Phosphatpuffer (pH 6,8) ausgetauscht und dieselbe Arzneiform weitergetestet.
5. Quellen
- Europäisches Arzneibuch (Ph. Eur.) 11. Ausgabe. Europäische Direktion für die Qualität von Arzneimitteln & Gesundheitsfürsorge (EDQM), Straßburg. 2023. Kapitel 2.9.3: Wirkstofffreisetzung aus festen Arzneiformen.