Substanzungebundene Abhängigkeit
Synonym: Nichtstoffliche Abhängigkeit, Verhaltenssucht
Englisch: behavioral addiction, non-substance addiction
Definition
Substanzungebundene Abhängigkeiten sind Störungen, bei denen suchtähnliche Symptome ohne den Konsum psychoaktiver Substanzen auftreten. Das Verhalten selbst wirkt belohnend und führt zu Kontrollverlust, Vernachlässigung anderer Lebensbereiche und fortgesetztem Handeln trotz negativer Konsequenzen.
Pathophysiologie
Wie bei substanzgebundenen Abhängigkeiten ist das dopaminerge Belohnungssystem des mesolimbischen Systems zentral beteiligt. Wiederholte Reiz-Belohnungs-Assoziationen führen zu neuroplastischen Veränderungen, die das Verhalten zunehmend automatisieren und schwer kontrollierbar machen.
Häufige Formen
Zu den etablierten substanzungebundenen Abhängigkeiten zählen u.a.:
- Pathologisches Glücksspiel (ICD-10 F63.0, ICD-11 6C50)
- Kaufsucht (Oniomanie)
- Internet- und Computerspielsucht
- Arbeitssucht (Workaholism)
- Sportsucht oder sexuelle Verhaltenssucht (noch nicht in allen Klassifikationen anerkannt)
Symptome
Kernsymptome sind Kontrollverlust, zunehmende Zeitinvestition, Toleranzentwicklung (steigende Intensität oder Dauer des Verhaltens), Entzugssymptome wie Unruhe oder Gereiztheit sowie fortgesetztes Verhalten trotz sozialer, beruflicher oder gesundheitlicher Nachteile.
Diagnostik
Diagnostische Kriterien orientieren sich an den allgemeinen Abhängigkeitsmerkmalen (Craving, Kontrollverlust, negative Konsequenzen). Für das pathologische Glücksspiel existieren in ICD-11 und DSM-5 spezifische Diagnosekriterien, während andere Formen derzeit überwiegend als „Verhaltenssucht“ diskutiert werden.
Therapie
Zentral ist die psychotherapeutische Behandlung, vor allem mit kognitiv-verhaltenstherapeutischen und motivierenden Verfahren. Bei komorbiden Störungen (z. B. Depression, ADHS, Impulskontrollstörung) kann eine kombinierte Therapie erforderlich sein. Selbsthilfegruppen und digitale Interventionsprogramme können unterstützend wirken.
Prognose
Der Verlauf ist variabel. Frühe Intervention, soziale Unterstützung und stabile Lebensstrukturen verbessern die Langzeitprognose.
Literatur
- Zou Z, Wang H, d'Oleire Uquillas F, Wang X, Ding J, Chen H. Definition of Substance and Non-substance Addiction. Adv Exp Med Biol. 2017;1010:21-41. doi:10.1007/978-981-10-5562-1_2
- Karim R, Chaudhri P. Behavioral addictions: an overview. J Psychoactive Drugs. 2012;44(1):5-17. doi:10.1080/02791072.2012.662859