Retinoid-Syndrom
Synonyme: Retinoidsyndrom, Retinoid-Embryopathie
Englisch: fetal retinoic acid syndrome
Definition
Als Retinoid-Syndrom wird eine Embryopathie bezeichnet, die durch eine Retinoid-Exposition des Embryos im 1. Trimenon zwischen dem 16. bis 60. Entwicklungstag der Schwangerschaft ausgelöst wird.
Auslöser
Vitamin A (Retinol) und alle anderen Retinoide (Derivate der Vitamin-A-Säure) können das Syndrom auslösen. Retinoide sind nach Thalidomid die beim Menschen am stärksten teratogen wirkenden Arzneimittel. Dazu gehören z.B. folgende Arzneistoffe:
Fehlbildungen
Folgende Symptomkonstellationen können auftreten:[1]
- Entwicklungsstörungen des ZNS und des Schädels, darunter Mikrozephalie, Mikrophthalmie, neurologische Schäden mit Beteiligung von Augen und Innenohr oder Hydrozephalus
- Fehlanlage der Ohren, einschließlich Agenesie oder Stenose des Gehörgangs
- Gesichtsdysmorphien (Störungen der Gesichts- und Gaumenbildung)
- kardiovaskuläre Defekte
- Thymusaplasie
Intelligenzdefizite wurden auch bei Kindern ohne erkennbare Fehlbildungen beobachtet. Das Fehlbildungsrisiko liegt nach Einnahme im 1. Trimenon bei bis zu 25 %.[2]
Schwangerschaftsverhütung
Retinoide dürfen bei allen Frauen im gebärfähigen Alter nur unter Einhaltung eines Schwangerschaftsverhütungsprogramms (engl. pregnancy prevention programme, kurz PPP) angewandt werden.[3]
Die systemische Anwendung von Retinoiden ist während der Schwangerschaft und Stillzeit absolut kontraindiziert.[1] |
Vor Beginn einer Behandlung muss eine Schwangerschaft sicher ausgeschlossen werden. Innerhalb der letzten 3 Tage vor der ersten Verschreibung ist ein Schwangerschaftstest unter ärztlicher Überwachung durchzuführen. Während der Behandlung muss sich die Patientin monatlich einem ärztlich überwachten Schwangerschaftstest unterziehen. Nach Behandlungsende muss einen Monat nach Absetzen von Isotretinoin oder Alitretinoin ein ärztlich überwachter Schwangerschaftstest durchgeführt werden, nach Absetzen von Acitretin müssen regelmäßig ärztlich überwachte Schwangerschaftstests in 1- bis 3-monatlichen Abständen über einen Zeitraum von 3 Jahren durchgeführt werden.[4]
Patientinnen müssen eine Schwangerschaft einen Monat vor der Behandlung und während der Behandlung mit einem Retinoid durch Anwendung von mindestens einer, vorzugsweise 2 wirksamen Methoden der Empfängnisverhütung verhindern.[4]
Auch nach der Therapie muss weiterhin eine wirksame Empfängnisverhütung angewendet werden: für Isotretinoin und Alitretinoin über einen Zeitraum von einem Monat nach Beendigung der Behandlung; für Acitretin über einen Zeitraum von 3 Jahren nach Beendigung der Behandlung.[4]
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Anwendungsrichtlinien und Therapieleitfaden für Ärztinnen/Ärzte und Apothekerinnen/Apotheker zur Verordnung und Abgabe von Toctino®, GSK Leitfaden SCHWANGERSCHAFTSVERHÜTUNGS-PROGRAMM, abgerufen am 05.05.2024
- ↑ Isotretinoin. embryotox.de, abgerufen am 05.05.2024
- ↑ Retinoide (Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, lsotretinoin, Tazaroten und Tretinoin) - Aktualisierungen zu Teratogenität und neuropsychiatrischen Erkrankungen. Rote Hand Brief 03.09.2019, abgerufen am 05.05.2024
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Orale Retinoide (Acitretin, Alitretinoin und lsotretinoin) - Erinnerung an die bestehenden Einschränkungen zur Verhinderung der Exposition während der Schwangerschaft. Rote Hand Brief 02.05.2024, abgerufen am 05.05.2024
Weblinks
- Fetal Retinoid Syndrome. National Organization for Rare Disorders Last updated: 8/7/2023, abgerufen am 05.05.2024
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