Rasmussen-Enzephalitis
nach dem amerikanischen Neurologen Theodore Brown Rasmussen (1910-2002)
Synonym: Rasmussen-Syndrom
Englisch: chronic focal encephalitis(CFE)
Definition
Die Rasmussen-Enzephalitis ist eine auf eine Großhirnhemisphäre begrenzte Enzephalitis nicht-infektiöser Genese.
Epidemiologie
Die seltene Erkrankung mit einer jährlichen Inzidenz von 1:500.000 tritt bereits im frühen Kindesalter auf (Erkrankungsgipfel: 6 Jahre).
Ätiopathogenese
Die Rasmussen-Enzephalitis ist den Autoimmunerkrankungen zuzuordnen. Ursächlich ist eine progrediente Destruktion des Hirnparenchyms (Neurone, Astrozyten) durch gewebsständige zytotoxische T-Zellen, die mit fokalen Epilepsien und schweren zentralnervösen Ausfällen einhergeht.
Klinik
Das Beschwerdebild der Rasmussen-Enzephalitis ist vom Grad der Schädigung abhängig und durch einen progredienten Verlauf gekennzeichnet.
Erstsymptome sind auf eine Körperhälfte und Körperregion begrenzte partielle epileptische Anfälle (Epilepsia partialis continua), die sich zu generalisierten Krampfanfällen (bilateralen tonisch-klonischen Anfällen) ausweiten können.
Die zentralnervöse Ausfallssymptomatik äußert sich durch:
- Sprachstörungen (Aphasie)
- motorische Ausfälle (Hemiparesen, Hemiplegien) der kontralateralen Körperhälfte
- Hemianopsie und
- geistige Retardierung.
Verlauf
Ein typischer Erkrankungsverlauf lässt sich in drei Phasen untergliedern:
- Frühphase (ca. 7 Monate): seltene fokale Anfälle, milde Hemiparese
- Akutphase (8 bis 12 Monate): häufige fokale Anfälle, einseitige neurologische Ausfälle, kognitive Defizite und Verhaltensauffälligkeiten
- Residualphase: seltenere Anfälle, stabiler neurologischer Befund
Komplikation
Die Ausweitung der Krampfanfälle kann eine Schädigung der kontralateralen Hemisphäre verursachen.
In seltenen Fällen kommt es zu einem generalisierten Befall des Gehirns mit bilateraler Ausfallssymptomatik.
Diagnostik
Der Nachweis der Rasmussen-Enzephalitis umfasst:
- die EEG-diagnostische Anfallslokalisation
- bildgebende Verfahren (MRT)
- die histologische Untersuchung des Hirnparenchyms nach Hirnbiopsie
Therapie
Konservative Therapie
Konservative Methoden zielen in der Regel auf eine Verlangsamung der Destruktion des Hirnparenchyms ab. Medikamentöse Behandlungsoptionen bestehen in einer Kombinationstherapie mit Immunsuppressiva (Tacrolimus, Immunglobuline, hochdosierte Glukokortikoide). Auch die Plasmapherese ist eine Möglichkeit der konservativen Therapie.
Symptomatisch besteht eine Pharmakoresistenz gegenüber Antikonvulsiva.
Operative Therapie
Bei fortgeschrittenen Krankheitsverläufen mit chronisch generalisierten Krampfanfällen und schweren zentralnervösen Schädigungen ist eine protektive Hemisphärektomie zum Schutz der kontralateralen Hemisphäre indiziert. Die Hemisphärektomie ist das effektivste Verfahren zur Behandlung der Epilepsie.
Prognose
Die klinische Prognose der Rasmussen-Enzephalitis ist aufgrund der Progredienz der Erkrankung schlecht. Unbehandelt ist der Verlauf in der Regel letal.
Nach chirurgischer Intervention zeigt sich eine günstige Prognose, wobei die neurologischen Defizite in Abhängigkeit vom Alter des Patienten durch die kindliche Plastizität des Gehirns (teil)kompensiert werden können.
Literatur
- AWMF: Leitlinie der DGN: Immunvermittelte Erkrankungen der grauen ZNS-Substanz sowie Neurosarkoidose Stand 2012, gültig bis 2017
- Cloppenborg et al: Rasmussen-Enzephalitis: praktische Aspekte zur Diagnosestellung und Therapie Zeitschrift für Epileptologie, 2020
um diese Funktion zu nutzen.