Nickhautdrüsenprolaps (Hund)
Synonyme: Nickhautdrüsenhyperplasie, Nickhautdrüsenvorfall, "cherry eye"
Definition
Als Nickhhautdrüsenprolaps bezeichnet man einen Prolaps (Vorfall) bzw. eine Protrusion der Nickhautdrüse beim Hund, die durch eine pathologische vergrößerte Drüse verursacht wird.
Epidemiologie
Die Erkrankung tritt gehäuft bei American und Englisch Cocker Spaniel, Englische Bulldogge, Beagle, Pekinese, Boston Terrier, Bassethound, Shih Tzu und Lhasa Apso auf. Diese Rassen sind häufig bereits in jungen Jahren betroffen (meistens im ersten Lebensjahr).
Die Krankheit tritt bei Hunden deutlich häufiger auf als bei Katzen.
Ätiologie
Die Ätiologie dieser Augenerkrankung ist beim Hund noch (2021) nicht vollständig geklärt. Sie wird im Zusammenhang mit einer primären oder sekundären Adenitis, einer abnormen Faszienbefestigung oder spezifischen pathogenen Keimen, welche die Drüsen befallen, beobachtet.
Pathogenese
Durch die hyperplastische Drüse wird die Nickhaut (Palpebra tertia) vorgewölbt, sodass sie partiell oder vollständig prolabieren kann. Die vergrößerte Drüse wölbt sich dabei über den Rand der Nickhaut hervor und wird dadurch zunehmend wundgescheuert. Sie trocknet aus, entzündet sich und schwillt an.
Der entstandene Nickhautprolaps kann sowohl uni- als auch bilateral vorliegen.
Klinik
Typische Symptome sind eine auffällige, rötliche Masse, die hinter dem dritten Augenlid in der Nähe des medialen Kanthus hervorquillt. Häufig sind eine Konjunktivitis, Epiphora und Anzeichen einer lokalen Reizung.
Differenzialdiagnosen
Mögliche Differenzialdiagnosen sind Neoplasien, hyperplastische Lymphfollikel und Missbildungen der Nickhaut.
Diagnose
Erste Hinweise auf einen Nickhautdrüsenprolaps ergeben sich aus der Anamnese und der typischen Klinik. Die Besitzer berichten oftmals von einer sichtbaren Umfangsvermehrung im Augenbereich, von verstärktem Tränenfluss und/oder Irritationen des Auges. Häufig beginnt die Erkrankung auf einem Auge und breitet sich dann auch auf das zweite Auge aus.
Die Diagnose wird adspektorisch gesichert. Um das gesamte Ausmaß feststellen zu können, sollte die Nickhaut nach erfolgter Oberflächenanästhesie (z.B. mit Procain) mit einer Graefe-Pinzette evertiert werden.
Therapie
In leichten Fällen sowie im Frühstadium der Erkrankung können hyperplastische Nickhautdrüsen mit topischen Antibiotika (mit oder ohne Kortikosteroide) konservativ behandelt werden. Bei erfolgreicher Therapie bildet sich die Entzündung sowie das Ödem zurück, worauf die Nickhautdrüse wieder ihre normale Gestalt erlangt und in ihre ursprüngliche Position zurückkehrt. Eine topische Behandlung ist jedoch in vielen Fällen nicht erfolgsversprechend, sodass eine chirurgische Intervention notwendig ist.
In der Literatur sind einerseits Operationstechniken beschrieben, bei denen die Nickhautdrüse vollständig entfernt wird, andererseits gibt es Techniken, bei denen die Drüse an ihren ursprünglichen Platz reponiert wird. Es sollte immer ein Erhalt der Drüse angestrebt werden, um das Risiko einer Keratoconjunctivitis sicca zu minimieren. Hierfür gibt es wiederum verschiedene Techniken, die entweder einzeln oder kombiniert durchgeführt werden können. Die einzelnen Schritte können im Artikel Nickhautdrüsenreposition nachgelesen werden.
Literatur
- Fossum TW. 2007. Chirurgie der Kleintiere. 2. Auflage. München: Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag. ISBN: 978-3-437-57091-9
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3.
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