Neuraltherapie nach Huneke
Synonyme: Neuraltherapie, "therapeutische Lokalanästhesie", "Heilanästhesie"
Englisch: trigger point injection
Definition
Die Neuraltherapie nach Huneke ist ein so genanntes "ganzheitliches" Therapie- und Diagnoseverfahren, das durch die deutschen Brüder Ferdinand und Walter Huneke vor rund 80 Jahren entwickelt wurde. Ziel ist die Selbstheilung des Organismus über das vegetative Nervensystem mittels Injektionen eines kurz wirkenden Lokalanästhetikums (Procain oder Lidocain).
Von der Neuraltherapie abzugrenzen sind echte Nervenblockaden, bei denen gezielt größere Nerven umspritzt werden (z.B. Stellatumblockade).
Wirkprinzip
Der Wirkmechanismus der Neuraltherapie ist wie der der Akupunktur zum größten Teil ungeklärt. Man nimmt eine Stimulation von Triggerpunkten des vegetativen Nervensystems an, die zu einer Unterdrückung der Erregungsübertragung und damit zur Reduktion von Schmerzen beiträgt. Die Wirksamkeit der Neuraltherapie nach Huneke ist in der Schulmedizin umstritten. Ein Wirksamkeitsnachweis nach Kriterien der Evidence Based Medicine steht derzeit aus.
Die Befürworter der Neuraltherapie erklären die Therapie vor dem Hintergrund der Funktion des vegetativen Nervensystems. Durch die Neuraltherapie sollen gezielte Reize gesetzt und bestimmte Nervenverbindungen für kurze Zeit unterbrochen werden. Dadurch soll der Körper die Chance bekommen, sich selbst wieder in einem Normalzustand zu organisieren (vergleichbar einem Neustart beim Computer).
Therapieformen
Man unterscheidet in der Neuraltherapie drei verschiedene Therapieansätze.
Der erste Ansatz ist die lokale bzw. segmentale Behandlung, wie sie auch in der Schulmedizin oft zur Anwendung kommt. Durch die Injektionen des Lokalanästhetikums in die Haut, die Muskulatur oder an Nerven bzw. Ganglien werden chronische Reizprozesse temporär durchbrochen.
Der zweite Ansatz ist die Behandlung von so genannten "Störfeldern". Darunter verstehen die Befürworter dieser Therapie Fehlinformationen, die im Körper als Folge von Verletzungen, Operationen‚ Entzündungen etc. entstehen sollen. Störfelder sollen über vegetative Nervenfasern Impulse aussenden, die an entfernten Stellen zu Symptomen und Störungen wie z.B. Schmerzen führen. Mögliche Störfelder in diesem Sinn sind u.a. die Gaumenmandeln, die Nasennebenhöhlen, der Zahn-Kiefer-Bereich und Narben aller Art.
Der dritte Ansatz ist die sog. Infusions-Neuraltherapie ("Procain-Reset"), bei der ausschließlich Procain verwendet wird. Dieses und/oder seine Stoffwechselprodukte Diäthylaminoäthanol und Paraaminobenzoesäure (PABA) sollen sich im Limbischen System des Gehirns anreichern und dadurch eine antidepressive und antientzündliche Wirkung entfalten.
Anwendungsgebiete
Die Neuraltherapie wird bei einer Vielzahl von Regulations- und Funktionsstörungen eingesetzt, u.a. bei:
- Rückenschmerzen
- Gelenkerkrankungen
- Kopfschmerzen inkl. Migräne
- Neuralgien
- chron. Entzündungen
- postoperativen Schmerzen
- Erschöpfungsdepression
- Durchblutungsstörungen
Weitere Einsatzgebiete sind bestimmte Infektionskrankheiten (z.B. akute Sinusitis), Prostataleiden, hormonelle Störungen oder Schwindel. Da ein methodischer Wirksamkeitsnachweis der Neuraltherapie im Sinne der evidenzbasierten Medizin aussteht, ist ihr Einsatz bei einigen Indikationen fragwürdig.
Kontraindikationen
Bei korrekt durchgeführter Injektionstechnik ist die Neuraltherapie in der Regel eine nebenwirkungsarme Methode. Kleinere Blutergüsse im Bereich der Injektionsstellen sind möglich und harmlos.
Die Neuraltherapie darf nicht angewendet werden bei einer Allergie auf das verwendete Lokalanästhetikum (sehr selten), sowie bei Patienten mit erhöhter Blutungsneigung (z.B. bei Therapie mit Antikoagulantien). Zur Behandlung von Krebserkrankungen ist die Neuraltherapie ungeignet, da wirkungslos. Im Rahmen der Schmerzbehandlung von Tumorpatienten kann die Neuraltherapie zur Reduktion von Schmerzen beitragen. Hier sollte jedoch zunächst geprüft werden, ob eine ausreichende medikamentöse Analgesierung besteht.
Fortbildungen
In der Schweiz darf die Neuraltherapie nur durch Ärzte durchgeführt werden. Zur Erlangung des FMH-anerkannten Fähigkeitsausweis müssen über 2 Jahre diverse theoretische und praktische Ausbildungskurse besucht sowie eine Schlussprüfung abgelegt werden. Diese Kurse und auch die periodisch geforderten Fortbildungskurse werden durch die Schweizerische Ärztegesellschaft für Neuraltherapie nach Huneke (SANTH) angeboten.
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