Nabelschnurblut
Synonym: Plazentarestblut
Definition
Nabelschnurblut ist der Teil des kindlichen Blutes, welcher sich nach der Abnabelung noch in der Nabelschnur und in der Plazenta befindet. In den späten 1980er Jahren stellten Forscher fest, dass dieses Nabelschnurblut einen sehr hohen Gehalt an Stammzellen hat, welche sich gut für die Differenzierung zu sämtlichen Blutzellen eignet. Während der kindlichen Entwicklung im Mutterleib wandern die Faktoren der Blutbildung über die Nabelschnur in das Kind, daher der große Anteil an pluripotentem Zellmaterial in Nabelschnur und Plazenta.
Eigenschaften
Einige Eigenschaften des Nabelschnurblutes sind denen der Knochenmarkentnahme überlegen. Dazu gehören:
- vollkommen risikofreie Gewinnung
- geringes Risiko einer Verseuchung durch Tumorzellen, Bakterien oder Viren
- hohes Vermehrungspotenzial
- weniger Komplikationspotenzial, im Falle eines Nicht-Übereinstimmen der HLA-Merkmale von Spender und Empfänger
- großes Differenzierungspotenzial der Stammzellen
- geringes Risiko für das Vorliegen von chromosomalen Anormalitäten
Es existieren allerdings auch Nachteile von aus dem Nabelschnurblut gewonnenen Stammzellen gegenüber einer Knochenmarkentnahme:
Weitere Differenzierungsmöglichkeiten
Wie erwähnt lassen sich aus den Nabelschnurblutzellen alle relevanten Blutzellen differenzieren. Allerdings wurde bereits festgestellt, dass sie sich auch zu weitern Zelltypen entwickeln lassen:
Anwendungsgebiete
- Therapie in unterschiedlichen Altersklassen: Aufgrund der relativ geringen Menge an Stammzellen, die aus dem Nabelschnurblut gewonnen werden kann, eignet sich die Therapie mit diesen Zellen eher für Kinder. Bei Erwachsenen besteht die Gefahr, dass nicht genügend Zellmaterial zur Verfügung steht. In diesem Fall muss entweder auf die Knochenmarkentnahme zurückgegriffen werden, oder es muss bei entsprechender Kompatibilität eine zweite Dosis Nabelschnurblutzellen gereicht werden
- allogene Transplantation (Fremdtransplantation): Sie sind der Regelfall bei der Therapie mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut. In der Regel werden Nabelschnurblutzellen aus einem Stammzellenregister verwendet, die sich v. a. für die Therapie der Leukämie und einigen Blutgerinnungsstörungen eignet
- autogene Transplantation (Eigentransplantation): Erst 130 Fälle dieser Art von Behandlung sind dokumentiert, bei denen der Säugling sein eigenes Stammzellpräparat erhalten hat.
Diese Form der Therapie eignet sich insbesondere für Erkrankungen wie Neuroblastom, Retinoblastom, Diabetes mellitus Typ I, die aplastische Anämie und frühkindliche Hirnschädigungen
- in weiteres Einsatzgebiet ist das Spenden für die Stammzellforschung
Nebenwirkungen
Nebenwirkungen bei dieser Form der Therapie sind äußerst selten. Lediglich eine chronische Dickdarmentzündung ist relativ häufig beobachtet worden.