Golfkriegssyndrom
Englisch: gulf war syndrome, gulf war illness, chronic multi-symptom illness
Definition
Der Begriff Golfkriegssyndrom bezeichnet eine Multisystemerkrankung, die bei Veteranen des Golfkriegs (1990/1991) aufgetreten ist. Es handelt sich um ein polysymptomatisches Beschwerdebild, dessen Ursache bisher (2025) nicht abschließend geklärt ist.
Hintergrund
Seit Mitte der 1990er Jahre belegen Kohortenstudien ein deutlich erhöhtes Vorkommen von diversen Symptomen bei Golfkriegsveteranen gegenüber nicht in das Konfliktgebiet entsendeten Soldaten. Ein ursächlicher Zusammenhang mit militärischen Operationen wurde lange Zeit bestritten, letztlich aber sowohl von der britischen als auch der US-amerikanischen Regierung anerkannt. Der Begriff wird allerdings nicht einheitlich verwendet. Internationale Behörden und Fachgremien verwenden teils den Sammelbegriff „medically unexplained chronic multisymptom illness“ (MUCMI). Zudem existieren bisher (2025) keine allgemein anerkannten Diagnosekriterien.
Epidemiologie
Bisher (2025) fehlen belastbare epidemiologische Daten zur Inzidenz. Die Zahl der Betroffenen wird auf 175.000 bis 250.000 Personen, die Prävalenz auf ca. 25 - 30 % geschätzt.
Ätiologie
Die Ätiologie ist wahrscheinlich multifaktoriell und bisher (2025) nicht abschließend geklärt.
Als plausible Ursache gilt laut einer staatlichen Untersuchungskomission die Exposition gegenüber Nervenkampfstoffen (z.B. Sarin und Cyclosarin), hochdosierten organophosphathaltigen Insektiziden und die präventive Gabe von Pyridostigminbromid.[1]
Tierexperimentelle Studien und Bildgebungsstudien konnten eine neurotoxische und neuroinflammatorische Kombinationswirkung nachweisen.
Andere vermutete Ursachen, wie eine mögliche Exposition mit radioaktivem Staub durch den weitverbreiteten Einsatz von angereicherter Uranmunition im Irakkrieg, wurden mittlerweile verworfen.
Symptome
Das klinische Bild ist sehr heterogen. Häufig beschriebene Symptome sind u.a.:
- Fatigue
- Schmerzen (z.B. Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen)
- kognitive und neuropsychiatrische Symptome (z.B. Gedächtnisstörungen, Wortfindungsstörungen)
- Schlafstörungen
- gastrointestinale Beschwerden (z.B. ähnlich dem Reizdarm-Syndrom)
- respiratorische Beschwerden
- dermatologische Beschwerden
Häufig bestehen mehrere Symptome parallel über mindestens sechs Monate.
Diagnostik
Bisher (2025) gibt es keine einheitlichen Diagnosekriterien. Die Diagnose erfolgt klinisch. In der Literatur werden als Kriterien u.a. vorgeschlagen:
- Kriterien des Center of Disease Control and Prevention (CDC): ≥ 1 Symptom in ≥ 2 der 3 Kategorien (Fatigue, Stimmung/Kognition, muskuloskelettale Beschwerden), die ≥ 6 Monate bestehen
- Kriterien der Kansas-Definition: Symptome in ≥ 3 von 6 Bereichen, mit Schweregrad- und Ausschlusskriterien
Differentialdiagnose
Abzugrenzen sind u.a. ME/CFS, Fibromyalgie, funktionelle gastrointestinale Störungen, Schlaf- und Atemstörungen, endokrine oder metabolische Erkrankungen, autoimmune und neurologische Erkrankungen, PTBS und andere psychiatrische Störungen.
Therapie
Zur Behandlung wird ein multimodales und symptomorientiertes Therapiekonzept empfohlen, das u.a. eine kognitive Verhaltenstherapie beinhaltet.
Literatur
- Haley et al.: Evaluation of a Gene-Environment Interaction of PON1 and Low-Level Nerve Agent Exposure with Gulf War Illness: A Prevalence Case-Control Study Drawn from the U.S. Military Health Survey's National Population Sample. Environ Health Perspect. 2022
- White et al.: Recent research on Gulf War illness and other health problems in veterans of the 1991 Gulf War: Effects of toxicant exposures during deployment. Cortex. 2016
- Chao et al.: Effects of low-level exposure to sarin and cyclosarin during the 1991 Gulf War on brain function and brain structure in US veterans. Neurotoxicology. 2010
Quelle
- ↑ Research Advisory Committee on Gulf War Veterans Illnesses. U.S. Government Printing Office, May 2014