Fansigning
von englisch: fansign - Autogrammstunde
Englisch: fansign
Definition
Fansigning beschreibt ein Phänomen aus dem Bereich des Cybermobbings. Hierbei ritzen oder tätowieren sich Opfer von Cybermobbing, häufig im Rahmen einer sexuellen Erpressung ("Sextortion") auf Geheiß der Täter Namen, Worte oder Symbole in die Haut.[1]
Die Hautmodifikation ist durch Skarifizierung bzw. Einlagerung von Farbpigmenten im Rahmen der Tätowierung häufig nur in Teilen reversibel.[2]
Hintergrund
Mediale Aufmerksamkeit erlangte das Phänomen durch Berichterstattung über das globale Sextorting-Netzwerk „764“. Hierbei zwingen die als sadistisch beschriebenen Täter die Opfer des Onlinemissbrauchs durch psychische Manipulation und Sextortion-Methoden, sich Symbole in die Haut zu schneiden oder zu tätowieren.[1]
Terminologie
Die Verwendung der Begriffe ist in der Literatur nicht einheitlich. Polizeiliche und wissenschaftliche Publikationen verwenden Begriffe wie Fansign, um die durch äußeren Zwang von den Opfern im Rahmen von Sextortion selbst beigebrachten Verletzungen zu beschreiben. In der medialen Berichterstattung wird das Phänomen hingegen häufig umschrieben. Der Begriff Cutsign wird verwendet um Fansigning durch Schnittverletzungen zu beschreiben.[3]
Während im ICD-10 Fansigns die Diagnosekriterien des "selbstverletzendes Verhalten" (SSV) und "nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten" (NSSV) erfüllen, ist dies im ICD-11 nicht mehr der Fall, da unter dem Begriff "nicht-suizidale Selbstverletzung" im ICD-11 nur die impulsive Selbstverletzung verstanden wird.
Demnach ist eine Kodierung im ICD-11 unter folgender Ziffer denkbar:
Abgrenzung
Rechtsmedizinisch ist Fansigning klar von der Praxis des Branding abzugrenzen. Während Fansigning auf grundsätzlich auf Erpressung - in der Regel im Rahmen von Sextortion - basiert[4], beschreibt Branding eine Form der Körpermodifikation, die primär in BDSM-Communities freiwillig oder im Rahmen von Prostitution nicht zwangsläufig gegen den Willen der Betroffenen geschieht und auch aus ästhetischen Gründen praktiziert wird.[5]
Auch von nicht-suizidalem selbstverletzendem Verhalten (NSSV) ist Fansigning abzugrenzen, da die durch Zwang induzierte Selbstschädigung keine Selbstverletzung im klassischen Sinne ist und in keine der 1995 durch Favazza und Simeon definierten Kategorien fällt.[6]
Da eine rein optische Differenzierung zwischen Branding und Fansigning nicht möglich ist, ist eine Exploration der Hintergründe derartiger Hautmodifikationen notwendig.[4][5] Insbesondere bei Minderjährigen werden Fansigns als relevanter Hinweis auf onlinebasierten Missbrauch beschrieben.[1][3] [4]
Epidemiologie
Genaue Daten zur Häufigkeit von Fansigning in der deutschen Bevölkerung liegen derzeit (2025) nicht vor. Jedoch wird beschrieben, dass die Zahl der Fälle von Sextortion seit einigen Jahren zunehmen.[7]
Risikofaktoren
Bekannte Risikofaktoren dafür, Opfer von onlinebasiertem Missbrauch zu werden, in dessen Rahmen Fansigning auftreten kann:[3]
- Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit
- Zugehörigkeit zur LGBTQ+-Community
- Psychische Vorerkrankung
- Suizidalität
- Alter: Besonders betroffen sind acht bis 17-jährige
Klinik
Therapie
Es liegen aktuell keine Therapieempfehlungen vor, die sich explizit auf das Fansigning beziehen. Neben der akuten Hautschädigung werden Skarifizierung, Infektionen oder psychosomatische Folgen mit potentieller Retraumatisierung und Reviktimisierung beschrieben. Eine interdisziplinäre Behandlung wird empfohlen.[5]
Literatur
- Bundeskriminalamt – Falsche Freunde. Echte Gefahr: Gewaltbereite Online-Communities drängen Kinder und Jugendliche zu Selbstverletzung und Straftaten, abgerufen am 11.08.2025
- Polizeiliche Kriminalprävention Beratungsstellen für Betroffene und Angehörige, abgerufen am 11.08.2025
- Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen – Sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend – hier finden Sie Hilfe und Informationen
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Falsche Freunde. Echte Gefahr: Gewaltbereite Online-Communities drängen Kinder und Jugendliche zu Selbstverletzung und Straftaten Bundeskriminalamt, 2025
- ↑ Dash et al.: Non-laser treatment for tattoo removal 2022
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Federal Bureau of Investigation.: Violent Online Networks Target Vulnerable and Underage Populations Across the United States and Around the Globe 2023
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Federal Bureau of Investigation.: Violent Online Groups Extort Minors to Self-Harm and Produce Child Sexual Abuse Material , 2025
- ↑ 5,0 5,1 5,2 Fang et al..:Tattoo Recognition in Screening for Victims of Human Trafficking , 2025
- ↑ Kaess, M., Edinger, A.: Traumatische Enukleation. Unfall oder Selbstverletzung? Selbstverletzendes Verhalten 2019, S. 22–23
- ↑ Ray, A., Henry, N.: Sextortion: A Scoping Review Trauma, Violence, & Abuse 2024