Crithidia
Definition
Crithidien sind Parasiten der Trypanosomatida-Gattung Crithidia. Wie alle Trypanosomatiden sind sie begeißelte Einzeller mit genau einer Geißel.
Hintergrund
Anders als Leishmanien und Trypanosomen, die sich in einer späteren Evolutionsphase einen Wirtswechsel zwischen Arthropoden (bei Leishmanien stets Sandmücken) und Wirbeltieren erschlossen haben, befallen Crithidien gemäß der ursprünglichen evolutionären Entwicklung der Trypanosomatida ausschließlich Arthropoden, im allgemeinen Insekten. Die Auswahl der befallenen Arthropoden ist weniger spezifisch als der Arthropodenbefall durch Leishmanien und Trypanosomen.
Entwicklung
Crithidien entwickeln sich im Darm der befallenen Arthropoden und durchlaufen dort die morphologischen Formen choanomastigot und amastigot, wobei die choanomastigote Form unter den Trypanosomatiden nur bei Crithidien auftritt und als deren typische Variante gilt. Bei den choanomastigoten Crithidien wird noch zwischen einer beweglichen nectomaden (schwimmenden) und einer am Darmepithel festsitzenden haptomonaden (sich anheftenden) Phase unterschieden. Die mit der Nahrung aufgenommenen Amastigoten wandeln sich in Choanomastigoten um, die sich in ihrer nectomaden Variante fortbewegen und sich schließlich als haptomade Variante an der Darmschleimhaut festsetzen, wo sie wieder zu an der Darmschleimhaut angehefteten Amastigoten mutieren.
Schließlich werden die Crithidien von ihrem Arthropothodenwirt in ihrer amastigoten Form, in Zysten eingelagert, mit dem Kot ausgeschieden. Infizierte Arthropoden koten je nach Gattung und Spezies über Gewässern oder auf Blüten bei der Nektaraufnahme, wo die freigesetzten Amastigoten andere Arthropoden über deren Nahrungsaufnahme infizieren können. Besonders in stehenden Klein- und Kleinstgewässern (Tümpeln, Pfützen usw.) aufwachsende Arthropoden-Larven infizieren sich häufig in ihren kontaminierten aquatischen Habitaten und geben die aufgenommenen Crithidien nach der Arthropoden-Metamorphose an die adulten Vertreter der jeweiligen Arthropoden-Spezies weiter.[1]
Crithidien leben, auch in ihrer amastigoten Form, im Arthropodenkörper ausschließlich extrazellulär.[1]
Tiermedizinischer Aspekt
Crithidien sind nicht humanpathogen und befallen auch keine Wirbeltiere. In der Tiermedizin sowie in der Landwirtschaft werden jedoch besonders Erkrankungen von Bienen und Hummeln durch Crithidien im Hinblick auf Honigerzeugung und Bestäubung von Nutzpflanzen berücksichtigt. Häufig sind entsprechende tierärztliche Dienststellen in den für Landwirtschaft zuständigen staatlichen Ämtern angesiedelt. Allerdings sind Crithidien nicht für das derzeit in öffentlicher Diskussion befindliche Bienensterben verantwortlich, können aber besonders dann, wenn Bienenvölker von mehreren Parasiten befallen sind, einen Beitrag insbesondere für Winterausfälle von Bienenvölkern beisteuern.
Crithidien in der Forschung
Zunächst sind Crithidien allgemein ein Forschungsobjekt der Mikrobiologie.
Darüber hinaus wird versucht, durch einen Vergleich von Crithidien mit den humanpathogenen sowie Wirbeltier-pathogenen Leishmanien und Trypanosomen jene differenzierenden Eigenschaften (besonders bei den Proteomen) zu ermitteln, die die Mechanismen der Adaption von Leishmanien und Trypanosomen an Wirbeltierwirte erklären helfen sollen.[1] Durch so gewonnene Erkenntnisse erhofft man sich Hinweise auf eine mögliche Bekämpfung von Leishmaniosen und Trypanosomiasis-Erkrankungen.
Ausgewählte Spezies
- Crithidia bombi: Diese Crithidien-Spezies befällt weltweit mit hoher Prävalenz eine große Anzahl von für die Pflanzenbestäubung wichtige Spezies von Hummeln. Besonders wird die körperliche Leistungsfähigkeit von Hummelvölker begründenden Jungköniginnen eingeschränkt sowie deren Zeugungsfähigkeit nach dem Erwachen aus der Winterruhe vermindert oder verhindert. Die Lebensweise von Crithidia bombi ist wissenschaftlich gut dokumentiert. Crithidia expoeki ist eine verwandte Spezies mit sich teilweise überschneidenden Wirten und ähnlichem parasitärem Verhalten.
- Crithidia mellificae: Diese Spezies befällt Honigbienen. Im Gegensatz zu Crithidia bombi wurde Crithidia mellificae wissenschaftlich stiefmütterlich behandelt. Bienen verlieren durch Crithidienbefall ihre Fähigkeit, zwischen nektarenthaltenden Pflanzen und anderen zu unterscheiden, was zum langsamen Verhungern von Bienenstämmen (vor allem bei Wildbienen) führen kann. Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass ein nicht unerheblicher Anteil von Bienenvölkern mit Crithidia mellificae befallen ist. Insbesondere dann, wenn eine Infektion mit Crithidien im Sommer festgestellt wurde und die Bienenvölker zusätzlich von anderen Parasiten befallen waren, führte dies zu erheblichen Winterausfällen.[2]
- Crithidia fasciculata: Wirte dieser Spezies sind eine Vielzahl von Spezies von Stechmücken (Culicidae). Forschungsprojekte zum Verständnis der Lebensweise von Crithiden wurden häufig modellhaft am Beispiel von Crithidia fasciculata durchgeführt. Das Proteom und der genetische Code gehören zu den bestuntersuchten aller Crithidien-Spezies.[1] Die beweglichen Choanomastigoten weisen eine Länge von 6 bis 8 µm und eine Breite von 2 bis 3 µm auf. Die an der Darmschleimhaut angehefteten Amastigoten sind 3 bis 4 µm lang und 2 bis 4 µm breit.[3]
- Crithidia luciliae: Crithidia luciliae ist ein Parasit der Hausfliege Musca domestica. Crithidia luciliae-Tryponasomatiden werden in der medizinischen Diagnostik mittels indirekten Immunfluoreszenztests zum Nachweis von dsDNS-Antikörpern bei Verdacht auf einen Systemischen Lupus erythematodes oder eine andere Autoimmunerkrankung eingesetzt.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Alcolea et al. An Insight into the Proteome of Crithidia fasciculata Choanomastigotes as a Comparative Approach to Axenic Growth, Peanut Lectin Agglutination and Differentiation of Leishmania spp. Promastigotes PLoS One 2014; 9(12): e113837
- ↑ Ravoet et al. Comprehensive Bee Pathogen Screening in Belgium Reveals Crithidia mellificae as a New Contributory Factor to Winter Mortality PLoS ONE 2013; 8(8): e72443
- ↑ O.W. Olsen Animal Parasites: Their Life Cycles and Ecology Dover Publications, 1986
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