CT-basierte fraktionelle Flussreserve
Englisch: CT-based fractional flow reserve
Definition
Die CT-basierte fraktionelle Flussreserve, kurz CT-FFR, ist ein nichtinvasives Verfahren zur funktionellen Beurteilung der hämodynamischen Bedeutung von Koronarstenosen auf der Basis einer koronaren CT-Angiographie (cCTA). Sie simuliert die klassische invasive Messung der fraktionellen Flussreserve (FFR) mithilfe von physikalischer Modellierung oder künstlicher Intelligenz.
Hintergrund
Die fraktionelle Flussreserve erlaubt eine Abschätzung, ob eine morphologisch sichtbare Stenose tatsächlich hämodynamisch relevant ist – also zu einer relevanten Minderdurchblutung des Myokards führen kann. Die invasive FFR-Messung ist ein etablierter Standard zur Entscheidung über eine Revaskularisation bei intermediären Stenosen (40–80 %). Sie erfordert eine Druckdrahtmessung im Herzkatheter unter Hyperämie. Die CT-FFR basiert hingegen auf den Bilddaten einer der cCTA und ist damit eine Brücke zwischen rein anatomischer und funktioneller Diagnostik und ergänzt die klassische cCTA erheblich.
Grundprinzip
Es existieren zwei methodische Hauptansätze: Einerseits die klassische, physikalisch basierte Modellierung durch sogenannte Computational Fluid Dynamics (CFD), andererseits Verfahren, die auf Machine-Learning- oder Deep-Learning-Modellen beruhen. CFD-Lösungen berechnen den Blutfluss durch komplexe Strömungssimulationen unter Annahme maximaler Hyperämie. Diese Modelle sind sehr präzise, aber rechenintensiv und benötigen oft eine externe Cloud-Auswertung. Im Gegensatz dazu bieten KI-basierte Lösungen eine schnellere, lokal durchführbare Analyse, indem sie trainierte Muster auf neu eingelesene CT-Daten anwenden.
Für eine CT-FFR-Auswertung ist eine qualitativ hochwertige cCTA erforderlich. Die Untersuchung muss mit EKG-Gating erfolgen und möglichst artefaktfrei sein. Die Nachverarbeitung erfolgt softwaregestützt. Das Ergebnis wird als farbkodierte Darstellung der FFR-Werte entlang der Koronargefäße visualisiert. Klinisch relevant ist dabei der niedrigste Wert distal einer Stenose.
Die CT-FFR gibt den Quotienten des simulierten Drucks distal einer Stenose im Verhältnis zum aortalen Druck an, wobei ein Wert von unter 0,80 typischerweise als Hinweis auf eine hämodynamisch signifikante Stenose gilt.
Anwendung
Die CT-FFR richtet sich insbesondere an Patienten mit intermediären Koronarstenosen im Bereich von etwa 40 bis 80 % Lumeneinengung sowie mit komplexen, langstreckigen oder konsekutiven Stenosen. In solchen Fällen liefert die rein morphologische Beurteilung der Stenose häufig keine eindeutige Entscheidungshilfe. Die CT-FFR kann hier eine nichtinvasive Alternative zur invasiven Diagnostik sein und hilft, unnötige Herzkatheteruntersuchungen zu vermeiden. Die Integration der CT-FFR in klinische Klassifikationssysteme (z.B. CAD-RADS 2.0) ist bereits erfolgt. Ein positiver Nachweis einer hämodynamisch relevanten Ischämie wird mit dem Zusatz I+, ein unauffälliges Ergebnis mit I– kodiert.
Limitation
Trotz der vielversprechenden Möglichkeiten weist die CT-FFR auch Limitationen auf. Sie ist nicht anwendbar bei unzureichender Bildqualität, z.B. durch starke Koronarverkalkungen oder Bewegungsartefakte. Auch bei Patienten mit Bypässen oder Stents sind die Algorithmen oft nicht validiert. Zudem handelt es sich derzeit (2025) um ein kostenpflichtiges Zusatzverfahren, das in Deutschland bislang nur in Einzelfällen durch die GKV ersteht wird.
Literatur
- Douglas PS et al. Clinical outcomes of fractional flow reserve by computed tomographic angiography-guided diagnostic strategies vs. usual care in patients with suspected coronary artery disease: the prospective longitudinal trial of FFR(CT): outcome and resource impacts study. Eur Heart J. 2015
- Nørgaard BL et al. Diagnostic performance of noninvasive fractional flow reserve derived from coronary computed tomography angiography in suspected coronary artery disease: the NXT trial (Analysis of Coronary Blood Flow Using CT Angiography: Next Steps). J Am Coll Cardiol. 2014
- Nakazato R et al. Noninvasive fractional flow reserve derived from computed tomography angiography for coronary lesions of intermediate stenosis severity: results from the DeFACTO study. Circ Cardiovasc Imaging. 2013
- Koo BK et al. Diagnosis of ischemia-causing coronary stenoses by noninvasive fractional flow reserve computed from coronary computed tomographic angiograms. Results from the prospective multicenter DISCOVER-FLOW (Diagnosis of Ischemia-Causing Stenoses Obtained Via Noninvasive Fractional Flow Reserve) study. J Am Coll Cardiol. 2011