Oligodendrogliom
Englisch: Oligodendroglioma
Klinische Kurzformen: Oligodendro, Oligo, Gliom
Definition
Oligodendrogliome gehören zu den diffus infiltrierenden neuroepithelialen Tumoren und somit zu der 1. Gruppe nach der WHO-Klassifikation. Die Dignität erstreckt sich von benigne bis hoch maligne. Oligodendrogliome kommen von der Kindheit bis zum Senium vor.
Einteilung
Die Einteilung erfolgt nach der Dignität in
- benigne Oligodendrogliome, Grad I
- niedrigmaligne Oligodendrogliome, Grad II
- anaplastische Oligodendrogliome, Grad III
- hoch maligne Oligodendrogliome, Grad IV
Je nach Vorhandensein einer zusätzlichen glialen Komponente unterscheidet man:
- reine Oligodenrogliome
- gemischte Gliome, v.a. Oligoastrozytome
Ätiologie
Per definitionem bestehen Oligodendrogliome aus veränderten Oligodendrozyten. Die genauen Mechanismen, die zur Entartung der Zellen führen, sind zur Zeit (2021) Gegenstand der Forschung.
Epidemiologie
Oligodendrogliome machen 10% aller Gliome aus. Am häufigsten handelt es sich um gemischtzellige Gliome, hier v.a. Oligoastrozytome. Reine Oligodendrogliome sind eine ausgesprochene Seltenheit.
Männer und Frauen erkranken gleich häufig. Die größte Inzidenz ist zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr zu finden, prinzipiell kann der Tumor jedoch in jeder Altersgruppe gefunden werden.
Pathophysiologie und Symptomatik
Die Symptomatik kommt vor allem durch Kompression, seltener durch direkte Infiltration benachbarter Strukturen zustande, es resultieren fokale Ausfälle oder allgemeine Hirndruckzeichen. Ganz typisch für Oligodendrogliome sind epileptische Anfälle und eine Schlaganfallsymptomatik, da die Tumoren zum Einbluten neigen. Je maligner der Tumor, desto ausgeprägter ist die Reaktion des umgebenden Parenchyms in Form eines perifokalen Ödems, das ausgeprägt raumfordernd wirkt. Bei Verlegung des Liquorabflusses können noch Symptome eines Hydrozephalus hinzukommen.
Lokalisation
Bevorzugte Lokalisation sind die Großhirnhemisphären, mit einer Präferenz für den Frontallappen. Die Tumoren wachsen von der weißen Substanz heraus und infiltrieren den Cortex. Prinzipiell können jedoch alle Strukturen im Gehirn befallen sein. Selten sieht man Oligodendrogliome im Kleinhirn oder Hirnstamm.[1]
Morphologie und Histologie
Makroskopisch imponiert ein grau-rötlicher, oft zystisch durchsetzter Tumor. Histologisch zeigt sich ein Bild mit so genannten "gekochte-Hühnereier-Zellen", die einen runden Zellkern, spärliches Zytoplasma und dünne Gefäße aufweisen, die in Form eines Maschendrahtzaunes angeordnet sind. Das "gekochtes Ei"-Phänomen kommt durch eine Zytoplasmaretraktion infolge eines Artefaktes bei der chemischen Fixierung zustande. An der Tumorgrenze wachsen die Tumorzellen indianerpfeilartig in die weiße Substanz und umzingeln die Neurone wie Satelliten in der grauen Substanz. 80% der Oligodendrogliome sind verkalkt. Grad III und IV fallen zudem durch endovaskuläre Proliferationen und eine hohe Zelldichte auf.
Immunhistochemisch lassen sich GFAP und S100 nachweisen.
Diagnostik
Oligodendrogliome lassen sich sehr gut durch die MRT darstellen. Kalzifikationen (Verkalkungen) sieht am besten in der CT. Zusammen mit der Lokalisation, den radiologischen tumorspezifischen Besonderheiten und dem Erkrankungsalter lässt sich häufig bereits eine Verdachtsdiagnose stellen. Die Diagnose kann histologisch entweder durch Biopsie oder durch histopathologische Untersuchung des während der Tumorexstirpation gewonnenen Gewebes abgesichert werden.
Die MRT zeigt in der T1-Sequenz ein hypointense Raumforderung mit hyperintensen Arealen, die Einblutungen entsprechen und intensitätsarmen Zysten. Kontrastmittel werden inhomogen aufgenommen. Im CT ist der Tumor hypodens, frische Einblutungen können bereits 6 Stunden nach Ereignis dargestellt werden, zudem werden hyperdense Verkalkungen sichtbar.
Therapie
Je nach Lage und Dignität bietet sich die Möglichkeit einer operativen Totalextirpation oder wenigstens Tumormassenreduktion an, der bei anaplastischen Oligodendrogliomen anschließend eine Bestrahlung und PCV-Chemotherapie folgt.
Zur Reduktion des perifokalen Ödems eignen sich Mannitol und Steroide.
Prognose
Die Prognose ist in erster Linie abhängig von der Dignität, ferner von dem Extirpationsgrad sowie der Lage des Tumors. Systemische Metastasen können vor allem bei den höhergradigen Oligodendogliomen in seltenen Fällen auch spät postoperativ auftreten. Die Prognose ist relativ "besser" als bei den Astrozytomen. Die niedrig malignen Oligodendrogliome haben eine 5-Jahres-Überlebensrate von etwa 74% und eine 10-Jahres-Überlebensrate von 46 %, die hoch malignen entsprechend 41% und 20%.
Quellen
- ↑ Jörg-Christian Tonn, Manfred; Westphal, J. T.; Rutka, S.A. Grossman: Neuro-Oncology of CNS Tumors
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