Verapamil
Handelsnamen: Isoptin®, Falicard®, Veranorm® u.v.a.
Englisch: verapamil
Definition
Verapamil ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Kalziumantagonisten, der vor allem als Antiarrhythmikum eingesetzt wird.
Chemie
Verapamil zählt chemisch zur Untergruppe der Phenylalkylamine. Es hat die Summenformel C27H38N2O4 und eine molare Masse von 454,60 g/mol.
Wirkmechanismus
Verapamil wirkt negativ auf die Erregungsbildung im Herzen (negativ chronotrop), senkt die Erregungsleitung (stark negativ dromotrop), senkt die Kontraktion des Myokards (negativ inotrop) und bewirkt zudem eine geringe arterielle Gefäßerweiterung (gering arteriell vasodilatativ).
Verapamil reduziert die Expression des Thioredoxin-interacting protein (TXNIP), das bei einer Überexpression die Apoptose von Betazellen induziert. In einer klinischen Studie an Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 konnte gezeigt werden, dass Verapamil in der Lage ist, die Progression des Verlusts der Insulinsynthese zu verlangsamen.[1]
Pharmakokinetik
Verapamil wird zu über 90 % resorbiert. Die Bioverfügbarkeit liegt lediglich bei 10 bis 20 %, bei Dauergabe bis zu 40 %, da ein hoher First-pass-Effekt besteht. Die Halbwertszeit beträgt 3 bis 7 Stunden. Die Elimination und Ausscheidung des aktiven und passiven Metaboliten findet renal und biliär statt.
Die Pharmakokinetik von Verapamil zeigt relevante geschlechtsspezifische Unterschiede. Bei Frauen besteht eine erhöhte Bioverfügbarkeit (25 %) und eine geringere Clearance.[2]
Indikationen
Verapamil ist Mittel der Wahl bei supraventrikulären Tachyarrhythmien. Des Weiteren wird es auch zur Therapie der koronaren Herzkrankheit (KHK und Angina pectoris), Bluthochdruck (Hypertonie) und hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) angewendet.
Verapamil ist zudem Mittel der Wahl zur Prophylaxe des episodischen Clusterkopfschmerzes.[3]
Nebenwirkungen
Zu den Nebenwirkungen zählen Bradykardie, AV-Blockierungen (bis hin zum AV-Block III. Grades), zu starke negative Inotropie, Hypotension, Obstipation, Kopfschmerzen und Schwindel.
Wechselwirkungen
Die Kombination von Verapamil mit Betablockern ist aufgrund der verstärkten negativen Inotropie zu vermeiden. Bei der Kombination mit anderen Antiarrhythmika der Klassen I bis IV drohen Bradykardie, AV-Block und Kardiodepression. Der gleiche unerwünschte Effekt kann bei Kombination von Verapamil mit Inhalationsanästhetika auftreten. Verapamil in Kombination mit Antihypertensiva und Narkotika bewirkt eine verstärkte Blutdrucksenkung. Nicht steroidale antientzündliche Substanzen (NSAID) führen dagegen (durch eine Hemmung der Prostaglandinsynthese sowie erhöhte Natrium und Wasserretention) zu einer abgeschwächten blutdrucksenkenden Wirkung.
Verapamil bewirkt, wie andere Kalziumantagonisten, eine Inhibition des Leberenzyms CYP3A4. Dadurch reichern sich andere, gleichzeitig verabreichte Medikamente, die durch CYP3A4 metabolisiert werden (z.B. Theophyllin, Carbamazepin, etc.) im Blut an. Die erhöhte Serumkonzentration kann dann zu Symptomen einer Überdosierung führen. Umgekehrt können andere CYP3A4-Inhibitoren auch den Abbau von Verapamil hemmen, sodass die Blutkonzentration steigt und die blutdrucksenkende Wirkung verstärkt wird.
Außerdem ist Verapamil ein Hemmstoff von P-Glykoproteinen.
Kontraindikationen
Verapamil darf nicht eingenommen werden bei dekompensierter Herzinsuffizienz, AV-Block höher als Grad I, Vorhofflattern und Vorhofflimmern mit Präexzitationssyndrom, Sick-Sinus-Syndrom oder kardiogenem Schock, der auf eine andere Ursache als Arrhythmie zurückzuführen ist.
Quellen
- ↑ Forlenza GP et al. Effect of Verapamil on Pancreatic Beta Cell Function in Newly Diagnosed Pediatric Type 1. JAMA 2023
- ↑ Krecic-Shepard et al. Gender-Specific Effects on Verapamil Pharmacokinetics and Pharmacodynamics in Humans; 2013
- ↑ Ashkenazi et al. Cluster Headache—Acute and Prophylactic Therapy. Headache; 2011