Lachgas
Synonym: Distickstoffoxid, Distickstoffmonoxid, Stickoxydul
Englisch: Nitrous oxide, laughing gas, NOS
Definition
Lachgas ist ein Stickoxid, das als Inhalationsnarkotikum verwendet wird.
Chemie
Lachgas hat die Summenformel N2O und eine molare Masse von 44,01 g/mol. Es riecht leicht süßlich, ist farblos und weder explosiv noch brennbar. Durch O2-Abspaltung kann es jedoch einen Brand unterhalten.
Geschichte
Das Gas wurde 1772 von Joseph Priestley entdeckt, die besonderen medizinischen Eigenschaften entdeckte der Chemiker Humphry Davy 1799 durch Selbstversuche. Der erste Zahnarzt, der Lachgas als Narkosemittel verwendete, war Horace Wells in Hartford, Connecticut. Er setzte es ab dem Jahr 1844 bei Zahnextraktionen ein, nachdem er dessen schmerzstillende Wirkung zufällig bei einer Vergnügungsanwendung beobachtet hatte, wie sie damals auf Jahrmärkten üblich war.
Etymologie
Für die Herkunft des Namens Lachgas gibt es unterschiedliche Vermutungen. Am populärsten ist die Vermutung, dass der Name von einer Euphorie herrührt, die beim Einatmen entstehen kann, sodass der Konsument lacht. Weitere Vermutungen sind, dass sich durch Einatmung des Gases Zwerchfellkrämpfe einstellen können, die von Außenstehenden als Lachen interpretiert werden, jedoch nicht euphorischer Natur sind. Da Lachgas nach seiner Entdeckung zunächst gerne im Zirkus und auf Jahrmärkten zur Belustigung des Publikums eingesetzt wurde, könnte auch hierin der eigentliche Ursprung des Namens zu finden sein.
Wirkung
Lachgas riecht leicht süßlich. Beim Einatmen wirkt es analgetisch und schwach narkotisch. Die analgetischen Effekte treten ab einer Konzentration von etwa 20 % in der Atemluft auf, für eine narkotische Wirkung werden höhere Konzentrationen (40 bis 70 %) benötigt. Die Wirkung von Lachgas tritt innerhalb kürzester Zeit ein; nach Absetzen des Medikaments kehrt das Bewusstsein üblicherweise innerhalb von 2 Minuten wieder.
Lachgas wirkt nicht muskelrelaxierend. Auf kardiovaskuläre, respiratorische, renale und hepatische Funktionen wirkt es nahezu neutral.
Nebenwirkungen
Lachgas diffundiert bis zum Partialdruckausgleich mit dem umgebenen Blut in luftgefüllte Hohlräume. Diese Volumenzunahme kann insbesondere bei Pneumothorax und Luftembolie von klinischer Bedeutung sein.
Die geringe Blutlöslichkeit von Lachgas führt zu einem raschen An- und Abfluten. Bei der Narkoseausleitung kann dabei eine sogenannte Diffusionshypoxie entstehen: Das Lachgas diffundiert in die Alveolen und verdrängt den Sauerstoff. Um der drohenden Hypoxie vorzubeugen, wird am Ende der Narkose zusätzlicher bzw. reiner Sauerstoff zugeführt.
Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Halluzinationen, Veränderungen der Farbwahrnehmung, Dysphorie, Verwirrtheit, Übelkeit, Kopfschmerzen, Singultus und Blutdruckabfall. Wie die meisten Inhalationsnarkotika führt Lachgas zu einer leichten Erhöhung des intrakraniellen Druckes. Bei sehr langer Exposition ist eine irreversible Oxidation von Vitamin B12 und damit eine Dyserythropoese möglich.
Verwendung
- Zusatzanästhetikum: Lachgas kann in Konzentrationen zwischen 50 und 70 % appliziert werden, um eine Wirkungszunahme und Dosisreduktion von anderen Anästhetika zu erzielen. Zur Verwendung eines Monosubstanz ist es bei schwacher anästhetischen Wirkung nicht geeignet. Heutzutage (2019) werden zunehmend lachgasfreie Narkosen favorisiert.
- In dem Gasgemisch MEOPA (z.B. Livopan®) liegt Lachgas und Sauerstoff in gleichen Teilen vor. Es wird als Monosubstanz zur kurzzeitigen Analgesie bei leichten bis mäßigen Schmerzen bei wachen, spontanatmenden Patienten verwendet. Dabei besteht keine Gefahr einer Diffusionshypoxie, sodass kein zusätzlicher Sauerstoff nach Analgesieende benötigt wird. Eine Gasabsaugung ist jedoch notwendig.
- Titrierbare Lachgassedierung in der Zahnmedizin
- Als Kühlmittel in der Kryoablation
- für technische Anwendungen
Missbrauch
Lachgas wurde aufgrund seiner dissoziativen, z.T. euphorisierenden Wirkung bereits in den 1830er Jahren in England als Rauschmittel konsumiert (Lachgaspartys). Der Missbrauch hat in einigen europäischen Ländern seit 2010 erheblich zugenommen.[1] Gründe dafür sind die leichte Verfügbarkeit, die niedrigen Preise, die kurze Wirkdauer und die allgemeine Wahrnehmung der Konsumenten, dass es sich um eine relativ sichere und sozial akzeptable Substanz handelt.
Das Gas stammt meist aus kleinen Gaspatronen, die zum Aufschäumen von Schlagsahne bestimmt sind. Es wird in Partyballons abgefüllt und daraus eingeatmet.
Toxikologie
Bei akuter Überdosierung von Lachgas besteht vor allem die Gefahr von Traumata und einer hypoxischen Schädigung des Gehirns. Mögliche Folgen sind schwere Lähmungen bis hin zur Querschnittslähmung und im Etxremfall der Tod. Falls Distickstoffmonoxid direkt aus dem Gasbehälter eingeatmet wird, kann es durch den Joule-Thomson-Effekt zu Erfrierungen an Lippen, Kehlkopf und Bronchien kommen.
Bei chronischem Missbrauch können schwere hämatologische und neurologische Schäden durch die Inaktivierung von Vitamin B12 auftreten.[2] Dazu zählen Leukopenie, Thrombozytopenie, megaloblastäre Anämie, funikuläre Myelose und periphere Neuropathie.
Quellen
- ↑ Dawudi Y et al. Marked increase in severe neurological disorders after nitrous oxide abuse: a retrospective study in the Greater Paris area. J Neurol. 2024
- ↑ European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA). Recreational use of nitrous oxide: a growing concern for Europe. 2022, abgerufen am 21.04.2023
Weblinks
- Freizeitkonsum von -Distickstoffmonoxid in Europa: Situation, Risiken, Reaktionen; EMCDDA; abgerufen am 21.04.2023
- Im Blickpunkt... Freizeitkonsum von Distickstoffmonoxid (Lachgas); EMCDDA; abgerufen am 21.04.2023
- Modedroge Lachgas: Wie damit umgehen?. DGN 21.12.2024, abgerufen 17.07.2024