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Diabetische Retinopathie

Englisch: diabetic retinopathy

1. Definition

Die diabetische Retinopathie ist eine Komplikation des Diabetes mellitus. Es handelt sich um eine Mikroangiopathie der Blutgefäße der Netzhaut.

2. Pathogenese

Die pathologischen Veränderungen der retinalen Gefäße werden durch einen erhöhten bzw. schlecht eingestellten Blutzucker begünstigt. Glykierte und weiter chemisch modifizierte Makromoleküle lagern sich in den Gefäßwänden ab und induzieren eine Mikroangiopathie.

3. Epidemiologie

In Deutschland leiden etwa ein Drittel der Diabetiker an einer diabetischen Retinopathie. Das Risiko für die Entwicklung einer diabetischen Retinopathie beträgt nach zwanzigjährigem Bestehen eines Diabetes mellitus Typ 1 ca. 90 % und nach einem Diabetes mellitus Typ 2 ca. 60-80 %.[1][2]

Die diabetische Retinopathie ist in Industreländern mit hoher Diabetes-Prävalenz häufig die Ursache für eine Erblindung. Eine rechtzeitige Prophylaxe ist daher von höchster Bedeutung.

4. Stadieneinteilung

Die diabetische Retinopathie wird nach dem Untersuchungsbefund in nonproliferative und proliferative diabetische Retinopathie unterteilt. Die Übergänge sind fließend.

4.1. Nonproliferative Retinopathie (NPDR)

Die Veränderungen bleiben auf die Retina beschränkt. Bei Spiegelung des Augenhintergrundes fallen diverse Veränderungen der Netzhaut auf:

4.1.1. Stadien der nichtproliferativen Retinopathie

Die nichtproliferative Retinopathie wird in drei Schweregrade unterteilt:

Stadium Klinisches Bild
Mild Mikroaneurysmen
Mäßig

(Auftreten von Gefäßverschlüssen)

Mikroaneurysmen, einzelne intraretinale Blutungen, perlschnurartige Venen
Schwer

(höhergradige Ischämie der Retina, unmittelbare Vorstufe der Proliferation)

"4-2-1"-Regel:

  • > 20 Mikroaneurysmen/intraretinale Blutungen pro Quadrant in allen 4 Quadranten und/oder
  • perlschnurartige Venen in mindestens 2 Quadranten und/oder
  • intraretinale mikrovaskuläre Anomalien (IRMA) in mindestens 1 Quadrant

4.2. Proliferative Retinopathie (PDR)

Die proliferative Retinopathie ist mit weitergehenden Einschränkungen der Funktion der Retina und extraretinalen Komplikationen verbunden.

Kennzeichnend sind:

5. Risikofaktoren

Zahlreiche pathogenetische Faktoren der diabetischen Retinopathie beeinflussen Entwicklung und Risiko der Progression. Gesicherte Risikofaktoren der diabetischen Retinopathie sind:

5.1. Chronische Hyperglykämie

Eine intensivierte Blutzuckereinstellung (Reduktion des HbA1c von 7,9 % auf 7,1 %) führt zu einer signifikanten Senkung der Notwendigkeit einer Laserkoagulation. Zur Verhinderung der Progression einer diabetischen Retinopathie wird eine Senkung des HbA1c unter 7 % empfohlen.

5.2. Arterielle Hypertonie

Eine intensivierte Blutdruckeinstellung (Reduktion des Blutdrucks von 154/87 auf 144/82 mmHg) führt zu einer 35 %igen Senkung der Notwendigkeit von Laserkoagulationen wegen diabetischer Retinopathie. Zur Verhinderung der Progression einer diabetischen Retinopathie wird eine Senkung des Blutdrucks unter 140/80 mmHg empfohlen.

5.3. Hyperlipidämie

Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus und Dyslipidämie haben ein erhöhtes Risiko, harte Exsudate, eine diabetische Makulopathie und einen Visusverlust zu entwickeln. Daneben ist das Risiko für eine proliferative diabetische Retinopathie erhöht.

6. Diagnose

Die Diagnose kann durch eine augenärztliche Untersuchung des Augenhintergrundes bei weitgestellter Pupille gestellt werden. Zur Abklärung des Ausmaßes der vorliegenden Gefäßverschlüsse kann eine Angiographie der Netzhautgefäße durchgeführt werden. Zur besseren Darstellung werden dabei Fluoreszenzfarbstoffe verwendet.

Eine eventuell vorliegende Rubeosis iridis kann in einer separaten Untersuchung ohne Mydriasis zuverlässig untersucht werden.

6.1. Risikostratifizierung und Untersuchungszeitpunkte

Zustand/Beschwerden
des Patienten
Untersuchungstermin
Augenarzt
Erstdiagnose Typ-2-Diabetes Zeitnah zur Statuserhebung
Diagnostizierter Typ-2-Diabetes ohne
bekannte Retino-/Makulopathie
1 x jährlich

Neu auftretende Symptome wie z.B.

  • Sehverlust
  • Leseschwierigkeiten
  • Farbsinnstörungen
  • Sehverschlechterung
  • Verschwommensehen
  • "Rußregen" vor den Augen
Sofort
Diagnostizierte Retino-/Makulopathie Nach Festlegung des Augenarztes

7. Therapie

Die beste Therapie ist die sinnvolle und rechtzeitige Vorsorge. Diabetiker sollten daher jährlich zur Vorsorgeuntersuchung den Augenarzt aufsuchen. Beginnende Stadien einer diabetischen Retinopathie können so rechtzeitig erkannt und behandelt werden.

Wichtig ist neben Kontrollen die möglichst optimale Einstellung des Stoffwechsels, sodass die diabetische Retinopathie gar nicht erst auftritt.

Multifaktorielle Therapieansätze (Lebensstiländerung mit mehr Bewegung, Gewichtsreduktion bzw. -normalisierung, Raucherentwöhnung, Blutzuckereinstellung, Blutdrucksenkung, Senkung bzw. Normalisierung erhöhter Blutlipidwerte sowie medikamentöse Thrombozytenaggregationshemmung) können bei Hochrisikopatienten das Retinopathierisiko um bis zu 50 % reduzieren.

7.1. ...bei Makulaödem

Bei einem vorliegendem Makulaödem (Ödem im Bereich der Papille des Sehnerven) ohne Beteiligung der Fovea centralis erfolgt die Therapie mit einer Laserkoagulation des betroffenen Areals. Bei großflächiger Retinopathie (proliferativ oder schwer nichtproliferativ) muss die Laserbehandlung auf die ganze Retina ausgeweitet werden und über mehrere Sitzungen verteilt erfolgen.

Besteht ein diabetisches Makulaödem mit Foveabeteiligung und einer Visusverschlechterung, ist eine intravitreale Injektion eines VEGF-Inhibitors indiziert. Bei Therapieresistenz kann eine intravitreale Steroidtherapie erfolgen.

8. Quiz

9. Literatur

10. Quellen

  1. Schatz H: Diabetologie kompakt. 4. Auflage, 2006. Thieme Verlag. DOI: 10.1055/b-0034-21054
  2. Arasteh et al.: Innete Medizin. 2. Auflage, 2009. Thieme Verlag

11. Bildquelle

  • Bildquelle für Flexikon-Quiz: ©Marina Vitale / Unsplash

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