Multiple hereditäre Exostosen: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Multiple hereditäre Exostosen''', kurz '''MHE''', | '''Multiple hereditäre Exostosen''', kurz '''MHE''', ist eine [[autosomal]]-[[dominant]] vererbte Erkrankung, die durch multiple, [[gutartig]]e [[Knochentumor]]en charakterisiert ist. | ||
* [[ICD10]]-Code: Q78.6 - Angeborene multiple Exostosen | |||
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Ursächlich sind [[Mutation]]en in den [[Gen]]en ''EXT1'' und ''EXT2'', die auf [[Chromosom 8]] bzw. [[Chromosom 11]] liegen. Sie codieren für die Proteine [[Exostosin 1]] und [[Exostosin 2]]. Diese beiden [[Glycosyltransferase]]n modifizieren im [[Golgi-Apparat]] [[Heparansulfat]], ein [[Proteoglykan]], das unter anderem an der [[Angiogenese]] beteiligt ist. Wie ein Funktionsverlust der Enzyme zur Entwicklung der Knochentumoren führt, ist bisher nicht geklärt. | |||
==Symptome== | ==Symptome== | ||
Typisch ist ein unkontrolliertes Wachstum von [[Exostose]]n in der Nähe der [[Wachstumsfuge]]n an den Knochenenden, die von [[Knorpel]] bedeckt sind. Es kommt zu Verformungen der Knochen und ungleichem Längenwachstum an | Das klinische Bild ist sehr variabel. Die Krankheit kann mitunter [[asymptomatisch]] verlaufen. | ||
Typisch für die klinisch manifesten Fälle ist ein unkontrolliertes Wachstum von [[Exostose]]n in der Nähe der [[Wachstumsfuge]]n an den Knochenenden, die von [[Knorpel]] bedeckt sind. Es kommt zu Verformungen der Knochen und ungleichem Längenwachstum an [[Bein]]en, [[Arm]]en, [[Hand|Händen]], [[Fuß|Füßen]], [[Zeh]]en und [[Finger]]n. | |||
Im weiteren Verlauf führen die Exostosen zu Bewegungseinschränkungen, [[Deformierung]]en und [[Hypoplasie]] einzelner Knochen - im Extremfall bis zum generellen Kleinwuchs. | |||
Weitere Symptome sind Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, zum Teil verursacht durch eine Kompression von [[Nerv]]en. Die Anzahl der Exostosen kann [[interindividuell]] stark schwanken. | |||
Die Knochentumoren sind bei der Geburt noch nicht vorhanden. Sie entwickeln sich erst langsam im Laufe der Kindheit und Jugend. Die Erkrankung wird daher typischerweise erst in einem Alter von 12 Jahren diagnostiziert. Früher wurde angenommen, dass mit abgeschlossenenem Längenwachstum die Exostosen aufhören zu wachsen. Sie können jedoch auch nach dem Abschluss des Längenwachstums weiterwachsen. Bei ca. 5% der Betroffenen kommt es zu einer [[Malignität|malignen]] Entartung der Exostosen. | |||
==Klinische Einteilung== | |||
Nach Pedrini wird die MHE in drei Klassen unterteilt: | |||
* Klasse 1: Keine Deformitäten, keine funktionellen Einschränkungen | |||
** 1A: ≤ fünf Exostosen | |||
** 1B: > fünf Exostosen | |||
* Klasse 2: Deformitäten, aber keine funktionellen Einschränkungen | |||
** 2A: ≤ fünf Deformitäten | |||
** 2B: > fünf Deformitäten | |||
* Klasse 3: Deformitäten und funktionelle Einschränkungen | |||
** 3A: ≤ eine funktionelle Einschränkung | |||
** 3B: > eine funktionelle Einschränkung | |||
==Therapie== | ==Therapie== | ||
Die Exostosen können chirurgisch entfernt werden. Dabei sollte großzügig abgetragen werden, um [[Rezidiv]]e zu verhindern. | Die Exostosen können chirurgisch entfernt werden. Dabei sollte großzügig abgetragen werden, um [[Rezidiv]]e zu verhindern. Die Ergebnisse sind vor allem bei starkem Exostosenaufkommen häufig unbefriedigend. | ||
==Quellen== | ==Quellen== |
Aktuelle Version vom 9. September 2024, 10:35 Uhr
Synonyme: Multiple kartilaginäre Exostose, Multiple Osteochondrome, Hereditäre multiple Osteochondromatose
Englisch: hereditary multiple exostoses, HME
Definition
Multiple hereditäre Exostosen, kurz MHE, ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch multiple, gutartige Knochentumoren charakterisiert ist.
- ICD10-Code: Q78.6 - Angeborene multiple Exostosen
Genetik
Ursächlich sind Mutationen in den Genen EXT1 und EXT2, die auf Chromosom 8 bzw. Chromosom 11 liegen. Sie codieren für die Proteine Exostosin 1 und Exostosin 2. Diese beiden Glycosyltransferasen modifizieren im Golgi-Apparat Heparansulfat, ein Proteoglykan, das unter anderem an der Angiogenese beteiligt ist. Wie ein Funktionsverlust der Enzyme zur Entwicklung der Knochentumoren führt, ist bisher nicht geklärt.
Symptome
Das klinische Bild ist sehr variabel. Die Krankheit kann mitunter asymptomatisch verlaufen. Typisch für die klinisch manifesten Fälle ist ein unkontrolliertes Wachstum von Exostosen in der Nähe der Wachstumsfugen an den Knochenenden, die von Knorpel bedeckt sind. Es kommt zu Verformungen der Knochen und ungleichem Längenwachstum an Beinen, Armen, Händen, Füßen, Zehen und Fingern.
Im weiteren Verlauf führen die Exostosen zu Bewegungseinschränkungen, Deformierungen und Hypoplasie einzelner Knochen - im Extremfall bis zum generellen Kleinwuchs. Weitere Symptome sind Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, zum Teil verursacht durch eine Kompression von Nerven. Die Anzahl der Exostosen kann interindividuell stark schwanken.
Die Knochentumoren sind bei der Geburt noch nicht vorhanden. Sie entwickeln sich erst langsam im Laufe der Kindheit und Jugend. Die Erkrankung wird daher typischerweise erst in einem Alter von 12 Jahren diagnostiziert. Früher wurde angenommen, dass mit abgeschlossenenem Längenwachstum die Exostosen aufhören zu wachsen. Sie können jedoch auch nach dem Abschluss des Längenwachstums weiterwachsen. Bei ca. 5% der Betroffenen kommt es zu einer malignen Entartung der Exostosen.
Klinische Einteilung
Nach Pedrini wird die MHE in drei Klassen unterteilt:
- Klasse 1: Keine Deformitäten, keine funktionellen Einschränkungen
- 1A: ≤ fünf Exostosen
- 1B: > fünf Exostosen
- Klasse 2: Deformitäten, aber keine funktionellen Einschränkungen
- 2A: ≤ fünf Deformitäten
- 2B: > fünf Deformitäten
- Klasse 3: Deformitäten und funktionelle Einschränkungen
- 3A: ≤ eine funktionelle Einschränkung
- 3B: > eine funktionelle Einschränkung
Therapie
Die Exostosen können chirurgisch entfernt werden. Dabei sollte großzügig abgetragen werden, um Rezidive zu verhindern. Die Ergebnisse sind vor allem bei starkem Exostosenaufkommen häufig unbefriedigend.