XIST
Synonym: Xi-spezifisches Transkript
Englisch: X-inactive specific transcript
Definition
XIST, kurz für X-inactive specific transcript, ist eine long non-coding RNA (lncRNA), die eine wichtige Rolle bei der Inaktivierung des X-Chromosoms spielt.
Hintergrund
Die X-Inaktivierung findet während der Embryogenese statt. Sie beginnt kurz nach der Befruchtung und ist nach etwa einer Woche abgeschlossen. Dabei wird nach einem zufälligen Muster entweder das paternale (Xp) oder das maternale (Xm) X-Chromosom durch epigenetische Mechanismen inaktiviert. Das so entstandene Mosaik mit aktiven mütterlichen oder väterlichen X-Chromosomen wird an die hervorgehenden Zellen weitergegeben.
siehe Hauptartikel: X-Inaktivierung
Genetik
Das XIST-Gen befindet sich auf dem X-Chromosom im X-Inaktivierungszentrum (XIC) an Genlokus Xq13.2. Das gleichnamige, etwa 19 kb lange lncRNA-Transkript wird zunächst von beiden X-Chromosomen exprimiert, später kommt die Transkription durch das aktive Chromosom (Xa) vollständig zum Erliegen. Insgesamt entgehen etwa 12 bis 15 % der Gene der vollständigen X-Inaktivierung, so dass u.a. das stabilere XIST-Transkript des inaktiven Chromosoms (Xi) weiterhin exprimiert werden kann. Die Transkription wird durch benachbarte XIC-Gene (z.B. FTX, JPX, RLIM und TSIX) reguliert. Durch alternatives Spleißen entstehen verschiedene RNA-Varianten.
Funktion
Die aktive XIST-RNA bindet zunächst an das zu inaktivierende X-Chromosom (Xi) und rekrutiert anschließend verschiedene Enzyme (z.B. PTBP1, MATR3 und CELF1), die durch Histonmodifikation, DNA-Methylierung und Chromatinverdichtung für die Bildung des Barr-Körperchens verantwortlich sind. Durch mehrere Wiederholungsmotive ist XIST in der Lage, mit vielen verschiedenen Proteinen zu interagieren.
Inwieweit XIST an der Aufrechterhaltung der X-Inaktivierung, also der Weitergabe beteiligt ist, wird derzeit (2024) noch untersucht.
Klinik
Es wird vermutet, dass XIST bei geschlechtsspezifischen Erkrankungen eine Rolle spielt. Aktuelle Forschungen (2024) untersuchen Unterschiede in der Lokalisierung von XIST auf Immunzellen bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen wie systemischem Lupus erythematodes (SLE) und rheumatoider Arthritis. Darüber hinaus wird die Rolle der XIST-Expression bei verschiedenen Krebserkrankungen wie Harnblasen- und Bronchialkarzinom untersucht.
Quellen
- Schaaf und Zschocke. Basiswissen Humangenetik. Kapitel 2.8.2. X-Chromosom. S. 32ff. 3. Auflage. Springer Verlag. 2018.
- Li et al. Long noncoding RNA XIST: Mechanisms for X chromosome inactivation, roles in sex-biased diseases, and therapeutic opportunities. Genes Dis. 9(6): 1478-1492. 2022
- GeneCards – XIST Gene, abgerufen am 10.04.2024
- Navarro‐Cobos et al. Genes that escape from X‐chromosome inactivation: Potential contributors to Klinefelter syndrome. Am J Med Genet C Semin Med Genet. 184(2): 226-238. 2020
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