Schnelleinsatzgruppe
Definition
Die Schnelleinsatzgruppe, kurz SEG, ist eine taktische Einheit des Katastrophenschutzes in Deutschland. Sie besteht aus ehrenamtlichen Einsatzkräften und ist für die Bewältigung von Großschadenslagen und MANVs vorgesehen. Ziel ist die Unterstützung des öffentlichen Rettungsdienstes, wenn dessen Kapazitäten personell oder materiell nicht ausreichen.
Hintergrund
Die Aufstellung von Schnelleinsatzgruppen erfolgt auf Grundlage des Landesrechts durch die Katastrophenschutzbehörden der Länder und Landkreise bzw. kreisfreien Städte. Sie sind Bestandteil des erweiterten Hilfeleistungssystems und dienen dem schnellen Heranführen zusätzlicher Kräfte und Ressourcen bei außergewöhnlichen Einsatzlagen wie:
- Massenanfälle von Verletzten oder Erkrankten (MANV)
- Naturkatastrophen (z.B. Hochwasser, Stürme)
- Großeinsatzlagen mit vielen Betroffenen, wie beispielsweise Blackout
- Evakuierungen und Notunterbringung
Die SEG ist organisatorisch nicht Teil des Regelrettungsdienstes, kann diesen jedoch im Einsatzfall unterstützen und entlasten. Träger der SEG sind in der Regel Hilfsorganisationen mit Katastrophenschutzauftrag, z.B. das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) oder die Malteser Hilfsdienste (MHD).
Im Rahmen eines MANV oder vergleichbarer Lagen übernimmt die SEG Aufgaben wie:
- Unterstützung bei der Versorgung von Verletzten und Betroffenen
- Aufbau und Betrieb eines Behandlungsplatzes (z.B. BHP-25)
- Mitwirkung bei der Sichtung, Erstversorgung und Verteilung von Patienten
- Organisation von Transportkapazitäten zur Weiterverlegung in Kliniken
Struktur
Die Struktur der Schnelleinsatzgruppen ist modular aufgebaut und variiert je nach landesspezifischem Konzept. Typischerweise bestehen die SEG aus folgenden Facheinheiten:
- SEG Behandlung: Übernahme medizinischer Erstversorgung und Aufbau eines Behandlungsplatzes
- SEG Transport: Patiententransport in Klinikstrukturen, Unterstützung des Regelrettungsdienstes
- SEG Betreuung: Versorgung unverletzter, betreuungsbedürftiger Personen
- SEG Verpflegung: Zubereitung und Ausgabe von Verpflegung für Betroffene und Einsatzkräfte
- SEG Information und Kommunikation (IuK): Führungsunterstützung, Kommunikationsstruktur
- SEG Technik und Sicherheit (T&S): Infrastruktur, Stromversorgung, Beleuchtung, Zelttechnik
Weitere SEG-Einheiten
Ergänzend zu den Standardmodulen existieren in einigen Bundesländern Sonderformen und Pilotprojekte, die auf spezifische Einsatzszenarien ausgelegt sind. Diese umfassen beispielsweise:
- SEG Drohne/Erkundung: Luftgestützte Lageerkundung und Dokumentation mithilfe unbemannter Luftfahrtsysteme (UAS)
- SEG G.I.L.T (Gelände, Infrastruktur, Logistik und Transport): Erkundung und Transport von Einheiten, Material und Verletzten in unwegsamem Gelände
- SEG Wasserrettung: Wasserrettungsdienst bei Ertrinkungsunfällen, Eisrettung oder Hochwasserlagen
- SEG PSNV (Psychosoziale Notfallversorgung): Betreuung von Angehörigen, Betroffenen oder Einsatzkräften
- SEG Dekon-V (Dekontamination von Verletzten): Notfalldekontamination von Verletzten und Betroffenen bei CBRN-Ereignissen
- SEG Rettungsdienst: Ergänzungseinheit zur personellen und materiellen Unterstützung des öffentlichen Rettungsdienstes, meist mit KTW und RTW.
Literatur
- Heppner et al. (Hrsg.): Katastrophenmedizin – Krisenmanagement und medizinische Gefahrenabwehr. Springer, 2. Auflage 2022.
- Deutsches Rotes Kreuz (DRK): Fachbuch Einsatzeinheiten Sanitätsdienst. DRK-Bundesverband, 2021.
- Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK): Einheiten im Katastrophenschutz – Facheinheiten und deren Ausstattung (Einheitentypen), abgerufen am 07.07.2025
- Kolb. Katastrophenschutz in der Bundesrepublik Deutschland. In: Heberer, Peter, Ungeheuer, Hrsg. Katastrophenmedizin – Eine Standortbestimmung. Katastrophenmed. Bd. 2. München: J.F. Bergmann‑Verlag; 1984. S. 63–68. doi:10.1007/978‑3‑642‑80512‑7_9
- Heinz, Hoffmann und Schweigkofler. Massenanfall von Verletzten – Taktik, Sichtung, Behandlungskapazitäten. Rettungsdienst. 2022;45(9):778–784
- Kippnich et al. Katastrophen- und Zivilschutz in Deutschland. Anästh Intensivmed. 2017;52(9):606–617. doi:10.1055/s-0042-120231
- Kippnich et al (2024): Evaluation geländegängiger Einsatzmittel im medizinischen Katastrophenschutz – Möglichkeiten zur Weiterentwicklung von Medizinischen Task Forces. Springer Link. 2024