Rhotazismus
Synonyme: R‑Fehler, Fehlbildung des „r“-Lauts, Artikulationsstörung des „r“-Lauts
Englisch: rhotacism, rhotacization
Definition
Der Rhotazismus ist eine phonetische Artikulationsstörung, bei welcher der "R"-Laut fehlerhaft gebildet oder ersetzt wird.
Hintergrund
Der Rhotazismus unterscheidet sich von phonologischen Störungen dadurch, dass er auf motorischen Schwierigkeiten bei der Artikulation beruht. Das phonologische Wissen ist meist intakt.
Ätiologie
Es werden funktionelle, organische und habitualisierte Ursachen unterschieden:
- funktionell: z.B. mangelnde Koordination der Zungenbewegung, schwache Zungenmuskulatur, fehlerhafte Zungenruhelage
- organisch: z.B. verkürztes Zungenbändchen (Ankyloglossie), Kieferfehlstellungen, strukturelle Anomalien
- habitualisiert: Das fehlerhafte Artikulationsmuster wurde übernommen und hat sich verfestigt.
Einteilung
Typische Formen sind:
- Rhotazismus interdentalis: die Zunge ragt bei der Bildung des "R" zwischen die Zähne
- Rhotazismus addentalis: die Zunge liegt zu weit vorne an den Schneidezähnen
- Rhotazismus lateralis: Luft entweicht seitlich – der Laut klingt schleifend oder unklar
- Rhotazismus velaris: Bildung erfolgt zu weit hinten im Gaumen
- Rhotazismus substitutivus: der Laut wird durch einen anderen ersetzt
Diagnostik
Die Diagnostik erfolgt durch:
- Überprüfung der sprechmotorischen Fähigkeiten (Zungenbeweglichkeit und -koordination)
- artikulatorische Einzeldiagnostik (z. B. durch PLAKSS oder spezifische Lauttests)
- interdisziplinäre Abklärung (z. B. HNO, Kieferorthopädie, Pädaudiologie)
Therapie
Die Behandlung erfolgt im Rahmen der logopädischen Einzeltherapie.
Prognose
Ein unbehandelter Rhotazismus kann zu Verständlichkeitsproblemen und zu psychosozialer Belastung führen. Frühzeitig begonnene logopädische Interventionen zeigen in der Regel eine gute Wirksamkeit.
Literatur
- Fox-Boyer et al., Kindliche Aussprachestörungen. Phonologischer Erwerb–Differenzialdiagnostik–Therapie, 7. Auflage, 2016