Libellen-Zeichen
Englisch: dragonfly sign
Definition
Das Libellen-Zeichen ist ein radiologisches Zeichen, das bei koronalen MRT-Aufnahmen des Gehirns beobachtet werden kann. Es ist typisch für das Vorliegen einer pontozerebellären Hypoplasie (PCH).
Hintergrund
Durch eine ausgeprägte Atrophie bzw. Hypoplasie der Kleinhirnhemisphären (Libellenflügel) und eine erhaltene Vermis (Libellenkörper) entsteht das Bild einer Libelle.[1][2]
Radiologischer Befund
| Sequenz | Befund[2] |
|---|---|
| Coronal T2/T1 | "Libelle": flache Hemisphären (Flügel) und vergleichsweise intakte Vermis (Körper) |
| Axial T2 | Dünner Pons und schlanke Kleinhirnstiele |
| Sagittal T1/T2 | Hypoplastischer Pons, extremes Ausdünnen des Corpus callosum, global reduzierte weiße Substanz |
Begleitend lassen sich bei der pontozerebellären Hypoplasie Typ 9 auch verkleinerte Basalganglien/Thalami, eine Mikrozephalie und eine progressive supratentorielle Atrophie nachweisen.
Pathophysiologie
Das Zeichen ist typisch für PCH, vor allem für PCH Typ 9 (AMPD2-Mutation). Es tritt aber auch bei PCH Typ 2, 4 und anderen Formen auf. Zugrunde liegt eine pränatal beginnende Störung der RNA-/Proteinsynthese mit neuronaler Degeneration. Die Hemisphären sind dabei stärker betroffen als die Vermis.
Differentialdiagnosen
Die genaue Beurteilung der Kleinhirnatrophie und der Vermis kann differentialdiagnostisch genutzt werden, um Subtypen der PCH auch bildmorphologisch zu erkennen und/oder andere Erkrankungen als Verdachtsdiagnosen heranzuziehen:[2]
| Bildmuster | Typische Erkrankung |
|---|---|
| Gleichmäßige Vermis- und Hemisphären-Atrophie (sog. "Schmetterlingszeichen") | PCH Typ 1 (EXOSC3-Mutation), PCH Typ 6 (RARS2-Mutation), CASK-assoziierte Mikrozephalie |
| Libellen-Zeichen ohne Ponsbeteiligung | PCH Typ 2D (SEPSECS-Mutation) |
| Zerebelläre Atrophie + T2-Hyperintensität | CDG-1a, mitochondriale Enzephalopathien |
| Reine Kleinhirnhypoplasie | Dandy-Walker-Varianten, Joubert-Syndrom |
Die Größenbeurteilung des Corpus callosum hilft beim Subtyp-Abgleich (dünn/fehlt bei PCH 9, 8, 10, 11; erhalten bei CASK-assoziierter Mikrozephalie).[2]
Einzelnachweise
- ↑ Bosemani et al., Congenital Abnormalities of the Posterior Fossa, Radiographics, 2015
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Scola et al., Neuroradiological Findings in Three Cases of Pontocerebellar Hypoplasia Type 9 Due to Mutation: Typical MRI Appearances and Pearls for Differential Diagnosis, Quant Imaging Med Surg, 2019
Literatur
- Alsmair et al., Dragonfly sign, Radiopaedia.org, abgerufen am 25.06.2025
- Scola et al., Neuroradiological Findings in Three Cases of Pontocerebellar Hypoplasia Type 9 Due to Mutation: Typical MRI Appearances and Pearls for Differential Diagnosis, Quant Imaging Med Surg, 2019
- van Dijk et al., What’s new in pontocerebellar hypoplasia? An update on genes and subtypes, Orphanet J Rare Dis, 2018