Lageschwindel
Englisch: positional vertigo
1. Definition
Als Lageschwindel bezeichnet man eine Form des Schwindels, die auftritt, wenn der Kopf in einer bestimmten Position gehalten wird.
2. Abgrenzung
Der Lageschwindel ist vom Lagerungsschwindel abzugrenzen. Dieser tritt bei bestimmten Kopfbewegungen auf, ist unmittelbar nach der Positionsänderung vorhanden und klingt dann rasch ab. Im Gegensatz hierzu hält der Lageschwindel nach einer provozierenden Kopfbewegung so lange an, wie sich der Kopf in der eingenommenen Position befindet.[1][2] Die Begrifflichkeiten werden in der Literatur jedoch nur selten präzise getrennt.
Auch in der englischsprachigen Literatur findet sich keine klare Abgrenzung. Einige Autoren schlagen zwar die Verwendung der Begriffe "positional vertigo" (für Lageschwindel) und "positioning vertigo" (für Lagerungsschwindel) vor,[3][4] diese Aufteilung ist jedoch weder verbreitet noch wird sie in Konsensusdefinitionen geführt.[3]
Dieselbe Problematik ist auch auf die eng verwandten Begriffe Lage- und Lagerungsnystagmus übertragbar.[5]
3. Ätiologie
Ein Lageschwindel tritt vornehmlich bei zentralnervösen Störungen auf (sog. zentraler Lageschwindel). Zugrundeliegend sind verschiedenartige infratentorielle Läsionen, insbesondere des Zerebellums oder in der Umgebung des vierten Ventrikels.[1][6] Auch bei vestibulärer Migräne ist ein zentraler Lageschwindel möglich.[7][8]
Lageschwindel kann gelegentlich auch peripher-vestibulärer Genese sein. Eine mögliche Ursache ist hierbei die Aufnahme von blutlöslichen Flüssigkeiten mit Dichteunterschied zum Plasma, die zu Auftriebseffekten an der Cupula führen.[4] Ein Beispiel hierfür ist der alkoholische Lageschwindel (bzw. -nystagmus) nach Alkoholkonsum.[4][8][9] Auch das Trinken von schwerem Wasser oder die Verabreichung von Glyzerol (z.B. in der Menière-Diagnostik) können einen auftriebsbedingten Lageschwindel auslösen.[4]
4. Klinik
Ein Lageschwindel kann je nach Ätiologie als Schwank- oder Drehschwindel auftreten. Betroffene werden die auslösende Position meiden. Teilweise findet sich ein begleitender Lagenystagmus, eventuell mit Oszillopsien, oder Übelkeit und Erbrechen.[6][8] Je nach Ursache können außerdem weitere neurologische Defizite vorliegen.
5. Diagnostik
Bei Verdacht auf zentralen Lageschwindel sollte eine Bildgebung des Hirnstamms und Zerebellums erfolgen. Weitere Diagnostik richtet sich nach der Ätiologie.
6. Therapie
Die Therapie richtet sich nach der Ursache.
7. Leitlinie
- S2k-Leitlinie Vestibuläre Funktionsstörungen der DGN und DGHNO-KHC im AWMF-Register, Stand 2021.
8. Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Urban et al., Lagerungsschwindel bei zerebellärem Nodulusinfarkt, Der Nervenarzt, 2009
- ↑ Mattle und Fischer, Lagerungs- und Lageschwindel, In: Mattle, Fischer (Hrsg.), Kurzlehrbuch Neurologie. 5., überarbeitete Auflage, Thieme Verlag Stuttgart, 2021
- ↑ 3,0 3,1 von Brevern et al., Benign paroxysmal positional vertigo: Diagnostic criteria - Consensus document of the Committee for the Classification of Vestibular Disorders of the Bárány Society, Journal of Vestibular Research, 2015
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Brandt, Positional and positioning vertigo and nystagmus, Journal of the Neurological Sciences, 1990
- ↑ Eggers et al., Classification of vestibular signs and examination techniques: Nystagmus and nystagmus-like movements. Consensus document of the Committee for the International Classification of Vestibular Disorders of the Bárány Society, Journal of Vestibular Research, 2019
- ↑ 6,0 6,1 De Schutter et al., Central positional vertigo: A clinical-imaging study, Progress in Brain Research, 2019
- ↑ Dieterich et al., Vestibular migraine: the most frequent entity of episodic vertigo, Journal of Neurology, 2016
- ↑ 8,0 8,1 8,2 von Brevern, Zentraler Lageschwindel, In: Ernst, Basta (Hrsg.), Gleichgewichtsstörungen. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Thieme Verlag Stuttgart, 2016
- ↑ Thömke, Schwindel. In: Urban (Hrsg.), Klinisch-neurologische Untersuchungstechniken. 3., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag Stuttgart, 2022