Lagerungsprüfung nach Hallpike
Synonym: Dix-Hallpike-Manöver
Definition
Die Lagerungsprüfung nach Hallpike dient dem Nachweis eines benignen paroxysmalen Lagerungsschwindels (BPLS) in einem hinteren Bogengang, oder seltener einer Cupulolithiasis.
Hintergrund
Pathogenetisch liegt dem BPLS höchstwahrscheinlich eine Ablösung der Otolithen von der Macula utriculi des Innenohrs zugrunde. Diese Otolithen werden anschließend in die Bogengänge verschleppt, wo sie sich zu Konglomeraten zusammenlagern. Dabei wird die Canalolithiasis, bei der die Otolithen in das Lumen eines Bogenganges gelangen, von der Cupulolithiasis unterschieden. Hier haften die Otolithen der Cupula direkt an.
Vorgehen
Vor Beginn des Manövers wird der Patient über den Ablauf der Untersuchung und die zu erwartenden Symptome (Schwindel, Übelkeit etc.) aufgeklärt. Zudem sollte nach Erkrankungen der Halswirbelsäule gefragt werden, die eine Kontraindikation darstellen. Der Untersucher führt den Kopf des Patienten mit beiden Händen, um Verletzungen der Wirbelsäule zu verhindern.
Für die Untersuchung des rechten hinteren Bogengangs wird der Kopf des auf der Liege sitzenden Patienten um 45° nach rechts gedreht. Dann wird der Patient in dieser Kopfhaltung mit dem gesamten Oberkörper um 90° zügig nach hinten in Kopfhängelage gebracht. Am Ende sollte der Kopf um etwa 45° rekliniert sein. Das zu untersuchende Ohr weist dabei nach unten.
Das Manöver wird für beide Seiten durchgeführt.
Pathophysiologie
Während der Lagerung verändert sich die Position der Otolithen, wodurch verschiedene Reaktionen ausgelöst werden, die hier am Beispiel der ampullennahen Canalolithiasis erklärt werden.
Bei der ampullennahen Canalolithiasis sinken die Otolithen in der Kopfhängelage nach unten in Richtung Boden, weg von der Ampulle. Dadurch entsteht ein Unterdruck, der zu einer ampullofugalen (von der Ampulle weg) Auslenkung der Cupula führt. Dies führt zu einer (unphysiologischen) Erregung des ipsilateralen hinteren Bogengangs. Diese Erregung löst eine langsame Augenbewegung nach unten mit Verrollung zum oben liegenden Ohr aus. Die Folge sind wiederholte, schnelle Korrektursakkaden in die Gegenrichtung. Diese sind als Nystagmus sichtbar.
Auch das Wiederaufrichten löst eine spezifische Reaktion aus. Dabei sinkt das Otholithen-Konglomerat wieder in Richtung der Ampulle. Die Cupula wird dadurch ampullopetal (zur Ampulle hin) ausgelenkt. Dies entspricht einer Hemmung des betroffenen Bogengangs und als Reaktion werden die antagonistischen Augenmuskeln aktiviert (bzw. disinhibiert). Daraus resultiert eine langsame Augenbewegung nach oben mit Verrollung zum zuvor unten liegenden Ohr. Entsprechend entstehen erneut Korrektursakkaden in die Gegenrichtung.
Befund
Nach einer kurzen Latenz (wenige Sekunden) kann ein vertikaler Nystagmus mit torsioneller Komponente beobachtet werden. Dieser zeigt bei einer Canalolithiasis typischerweise ein Crescendo-Decrescendo-Muster über 10 bis 40 Sekunden, selten länger als eine Minute. Sobald die Otolithen und die Endolymphe "zum Stillstand kommen", hört die Erregung auf und der Nystagmus sistiert. Bei der seltenen Cupulolithiasis hält der Nystagmus länger an (> 1 Minute). Vermutlich liegt dies daran, dass die auslösenden Otolithen der Cupula anhaften und die Erregung daher durch die Schwerkraft anhält. Der Nystagmus sistiert in diesem Fall erst durch Habituation.
Begleitet wird der Nystagmus i.d.R. von Schwindel und Übelkeit. Er kann durch Fixation supprimiert werden, weshalb die Untersuchung mithilfe einer Frenzel-Brille erfolgen sollte.[1]
Generell zeigt sich der Nystagmus nur bei Lagerung auf die betroffene Seite. Die Richtung des Nystagmus hängt von der Lage des Otolithen ab:[2]
vertikale Komponente | torsionelle Komponente | Otolithenposition |
---|---|---|
Nach oben | zum betroffenen, untenliegenden Ohr | Canalolithiasis, ampullennah (am häufigsten) oder Cupulolithiasis (selten) |
Nach unten | zum nicht-betroffenen, obenliegenden Ohr | Canalolithiasis, ampullenfern (selten) |
Nachdem der Patient in die Ausgangsposition zurückgekehrt ist, kann man unter Umständen einen rotatorischen Nystagmus zum gegenüberliegenden Ohr beobachten (s.o., Nystagmusumkehr). Bei wiederholtem Durchführen der Lagerungsprobe nimmt die Intensität des Nystagmus ab (Adaptation).
Findet sich beim Hallpike-Manöver ein horizontaler Nystagmus, kann dies auf einen BPLS des horizontalen Bogengangs hinweisen. Dann sollte im Anschluss ein Supine-Head-Roll-Manöver erfolgen.
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V., S2-Leitlinie Vestibuläre Funktionsstörungen, Stand 2021.
- ↑ Thömke, Benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel" HNO, 2021.