Linksventrikuläres Herzunterstützungssystem
Englisch: left ventricular assist device, LVAD
Definition
Ein linksventrikuläres Herzunterstützungssystem, kurz LVAD, ist ein speziell für die Linksherzinsuffizienz konzipiertes Herzunterstützungssystem.
Grundaufbau
Es handelt sich um ein intrakorporales Unterstützungssystem, das die physiologischen Druckverhältnisse bei einer Linksherzinsuffizienz aufrechterhalten kann. Das Gerät besteht aus einer batteriebetriebenen, mechanischen Pumpe, die Blut aus dem linken Ventrikel ansaugt und in die Aorta pumpt. So kann das Herz entlastet und ein genügend hoher Blutdruck erreicht werden.
Moderne LVAD-Systeme erzeugen einen kontinuierlichen Fluss, da hierdurch das Risiko für Pumpenthrombosen, Gerätedefekte und Schlaganfälle minimiert wird.
Technik
Der externe Batteriekomplex des LVAD wird über ein Kabel (Driveline), das sowohl extrakorporal als auch intrakorporal verläuft, mit der Pumpe verbunden. Innerhalb des Körpers wird das Kabel gezielt leicht gebogen, um sicherzustellen, dass äußere Zugkräfte nicht direkt auf die Pumpe übertragen werden. Darüber hinaus wird an der Austrittsstelle der Driveline bei jedem Verbandswechsel eine "U"-förmige Biegung vorgenommen, um die Zugkraft weiter zu minimieren.
Zusätzlich dient das Driveline-Kabel der Datenübertragung zwischen der Pumpe und einem externen Monitor. Über diesen Monitor werden essenzielle Parameter wie Drehzahl, Flussrate, Energieverbrauch und der Pulsatilitätsindex ("PI") angezeigt. Ein Wechsel des Monitors erfolgt routinemäßig im Operationssaal und unter Allgemeinanästhesie.
Moderne LVAD-Modelle sind mit einem magnetisch gelagerten Rotor ausgestattet, was den mechanischen Verschleiß auf ein Minimum reduziert. Dadurch kann die Lebensdauer solcher Pumpen 14 Jahre oder mehr betragen.
Im Gegensatz zu älteren Herzunterstützungssystemen, die eine vollständige Resektion der linken Herzkammer erforderlich machten, ermöglichen moderne LVADs eine partielle Wiederherstellung der kardialen Pumpfunktion. In etwa 15 % der Fälle kann dies zu einer Explantation des LVADs führen, wenn die Herzleistung der Patienten ausreichend regeneriert wird.
Indikationen
Ein linksventrikuläres Herzunterstützungssystem wird oft bei Herztransplantationspatienten angewendet, um die Wartezeit auf das passende Spenderorgan zu überbrücken ("Bridge to transplant"). Weitere Indikationen sind:
- "Bridge to decision": Um mehr Zeit für die Diagnostik und eine endgültige Entscheidung zu gewinnen
- "Bridge to candidacy": Wenn die Anforderungen nicht erfüllt sind, um auf die Transplantationsliste aufgenommen zu werden, die Symptome aber die Lebensqualität erheblich einschränken.
- "Bridge to recovery": z.B. bei einer schweren Endokarditis, bei der das Herz Unterstützung benötigt, nach der Ausheilung aber wieder voll bzw. ausreichend funktionsfähig ist.
- "Destination therapy": Vor allem bei älteren oder multimorbiden Patienten, für die eine Herztransplantation zu risikoreich wäre.
Kontraindikation
Kontraindikationen für die Implantation eines LVAD sind:
- Aorteninsuffizienz ab Grad II
- schwere Komorbiditäten
- aktive Blutungen
- diagnostizierte HIT
- Thrombozytopenie, da eine Antikoagulation dann kontraindiziert ist
- Hypertrophe Kardiomyopathie
- primäre Rechtsherzinsuffizienz (nicht konsekutiv nach Linksherzinsuffizienz)
- akuter kardiogener Schock mit neurologischem Defizit
Nicht zuletzt spielen soziale Faktoren eine Rolle. Die Pflege eines LVAD erfordert ein hohes Maß an Mitarbeit durch den Patienten und sein Umfeld, die gewährleistet sein muss.
Pflege
Der Verband an der Austrittsstelle der Driveline muss in regelmäßigen, festgelegten Intervallen unter sterilen Bedingungen gewechselt werden, da das offene Ende der Driveline-Kanüle ein erhöhtes Risiko für Infektionen birgt. Ein Driveline-Infekt zählt zu den häufigsten Komplikationen eines LVAD.
Notfallmanagement
Da eine Herztransplantation nicht für alle Patienten mit terminaler chronischer Herzinsuffizienz im Stadium NYHA III–IV infrage kommt und verfügbare Spenderorgane begrenzt sind, gewinnt die mechanische Kreislaufunterstützung mittels LVAD-Systemen zunehmend an Bedeutung. Entsprechend steigt auch die Wahrscheinlichkeit, außerhalb von spezialisierten Zentren auf Patienten mit einem solchen kardialen Unterstützungssystem zu treffen.
Patienten mit einem LVAD-System besitzen einen Notfallausweis, in dem auch die Kontaktdaten des Herzzentrums (inklusive einer Notfallhotline) hinterlegt sind. Bei einer Notfallversorgung durch einen nicht-spezialisierten Arzt sollte unverzüglich eine Kontaktaufnahme mit der Notfallhotline erfolgen.
Klinische Untersuchung
In Notfallsituationen sind einige Besonderheiten bei der Untersuchung von Patienten mit einem LVAD zu beachten.
- Bewusstsein: ein normaler Bewusstseinszustand lässt auf eine ausreichende Kreislauffunktion durch das Unterstützungssystem oder das Herz selbst schließen
- Puls: durch den kontinuierlichen Fluss des LVAD ist der Puls oft schwierig oder gar nicht zu tasten
- Pulsoxymetrie: häufig fehlerhafte Werte bzw. Artefakte, da für eine korrekte Messung ein pulsatiler Fluss benötigt wird. Niedrige Werte sind nicht zwangsläufig als Hypoxämie zu werten (Vergleich mit Hautkolorit hilfreich).
- Blutdruckmessung: eine palpatorische Messung ist meist nicht möglich. Durch den kontinuierlichen Fluss ist die Blutdruckamplitude stark vermindert. Eine valide Messung sollte mit Hilfe von Dopplersonographie, besser noch invasiv erfolgen (auch hier ist aufgrund der geringen Pulsatilität eine flache Kurve zu erwarten). Zielwert ist ein mittlerer arterieller Druck (MAD) von 60 bis 85 mmHg. Ein MAD > 110 mmHg wird als hypertensive Komplikation definiert und sollte aufgrund der erhöhten Nachlast therapiert werden.
Überprüfen der Gerätefunktion
Bei der Auskultation sollte ein charakteristisches Summen zu hören sein. Zudem können am Controller verschiedene Statuswerte überprüft werden:
- Laufrate (U/min)
- Durchflussrate (I/min)
- Pulsatilitätsindex (PI)
- Leistung (W)
- Status der internen Batterie
In Notfällen ist die Durchflussrate, die das LVAD zur Unterstützung des Herzzeitvolumens beiträgt, der entscheidende Geräteparameter. Die Ursachen für eine niedrige Durchflussrate sind vielfältig. Insbesondere Volumenmangel, Rechtsherzversagen, Rhythmusstörungen oder eine erhöhte Nachlast können ursächlich sein. Da die Differenzierung insbesondere präklinisch schwierig ist, kann eine probatorische Verbesserung der Vorlast getestet werden (Passive Leg Raise Test oder Volumengabe). Eventuelle Herzrhythmusstörungen müssen leitliniengerecht therapiert werden. Das LVAD-System ist keine Einschränkung für die Defibrillation bzw. Kardioversion.
Um eine kontinuierliche Stromversorgung (auch bei Batteriewechseln) zu gewährleisten, sind die Unterstützungssysteme immer mit zwei Batterien ausgestattet. Zudem gehört zum Equipment ein Ladegerät mit mehreren Ersatzbatterien, das beim Transport durch den Rettungsdienst ebenfalls mitgeführt werden muss.
Systemausfall/Reanimation
Ein Ausfall des Systems mit Stillstand der Pumpe ist für den Patienten lebensbedrohlich. Häufige Ursache eines Pumpenstillstands ist die Diskonnektion von Kabeln oder Batterien. Ein Defekt des Controllers ist selten. Für diesen Fall verfügen Patienten über einen Ersatzcontroller.
Da bei einem Stillstand der Pumpe die Gefahr einer Thrombenbildung besteht, sollte ein Neustart des LVAD nach einem Stillstand > 5 Minuten nur nach vorheriger Rücksprache mit einer Fachabteilung für Herzchirurgie bzw. der implantierenden Klinik erfolgen. Ist der Patient bei Bewusstsein, liegt zumindest vorübergehend eine ausreichende Pumpleistung des Herzens vor, sodass auf einen präklinischen Neustart der Pumpe verzichtet werden kann.
Liegt keine ausreichende eigene Herzfunktion vor, müssen Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden. Das LVAD ist dabei keine Einschränkung für Herzdruckmassage, Defibrillation oder andere leitliniengerechte Maßnahmen der Reanimation.
Pumpenthrombose
Bei Patienten mit LVAD muss aufgrund der Thrombosegefahr eine Antikoagulation erfolgen. Hinweise auf eine Pumpenthrombose sind u.a.:
- Hämolysezeichen (z.B. dunkler, rotbrauner Urin)
- Anstieg der LDH
- Erhöhte Durchflussrate (aufgrund der Reibungskräfte falsch hoch berechnet; die reale Durchflussrate ist reduziert)
Infektion
Infektionen der Driveline sind eine schwerwiegende Komplikation. Häufige Erreger sind Staphylococcus aureus, koagulasenegative Staphylokokken, Pseudomonas aeruginosa, Proteus mirabilis und Corynebacterium. Patienten mit Infektionen der Driveline sollten zwingend in das zuständige LVAD-Zentrum verlegt werden.
Literatur
- StatPearls – Left Ventricular Assist Devices, abgerufen am 12.09.2023
- Frankel Cardiovascular Center – VADs and LVADs (Ventricular Assist Devices), abgerufen am 27.11.2024
- Deutsches Herzzentrum der Charité – Kunstherzen, abgerufen am 27.11.2024