Illness Attitude Scale
Synonym: Illness Attitude Scales
Englisch: illnes attitude scale
Definition
Die Illness Attitude Scale, kurz IAS, ist ein Fragebogen zur psychometrischen Erfassung krankheitsbezogener Einstellungen, Überzeugungen und Ängste per Selbstbeurteilung. Sie dient insbesondere der Quantifizierung von Krankheitsangst, hypochondrischen Befürchtungen sowie gesundheitsbezogenen Kognitionen und Verhaltensweisen.
Abgrenzung
Im Vergleich zu kürzeren Screeningverfahren wie dem Whiteley-Index oder der Health Anxiety Inventory bietet die IAS eine breitere inhaltliche Differenzierung. Sie eignet sich daher für vertiefte diagnostische Fragestellungen und wissenschaftliche Studien, weniger jedoch als reines Kurzscreening in der Primärversorgung.
Hintergrund
Die Illness Attitude Scale wurde von Robert Kellner entwickelt und erstmals Mitte der 1980er-Jahre publiziert. Ziel war es, hypochondrische Einstellungen und Krankheitsängste unabhängig von kategorialen Diagnosen differenziert abzubilden. Die IAS basiert auf kognitiv-behavioralen und psychosomatischen Modellen der Krankheitsangst und wurden ursprünglich zur Erfassung hypochondrischer Phänomene bei psychosomatischen Patienten und Patientinnen konzipiert.
Spätere Arbeiten, u.a. von Fava, Sirri und Grandi, trugen wesentlich zur psychometrischen Evaluation, Weiterentwicklung und internationalen Verbreitung des Instruments bei.
Aufbau und Inhalt
Die Originalversion der IAS umfasst 29 Items. Die Items werden je nach Version/Sprachadaption auf mehrstufigen Antwortskalen beantwortet, häufig im Likert-Format. Die Originalversion umfasst 9 Subskalen, die unterschiedliche Dimensionen krankheitsbezogener Einstellungen abbilden:
- Krankheitsangst
- Sorge um Schmerzen
- Hypochondrische Überzeugungen
- Krankheitsbezogene Verhaltensweisen
- Wahrnehmung körperlicher Symptome
- Thanatophobie (Angst vor Tod)
- Krankheitsphobie
- Behandlungserfahrungen
- Gesundheitliche Gewohnheiten
Die genauen Faktorstrukturen können je nach Stichprobe bzw. Sprachversion variieren. Zusätzlich kann ein Gesamtwert berechnet werden, der das Ausmaß krankheitsbezogener Einstellungen widerspiegelt.
Durchführung
Die IAS wird als Selbstbeurteilungsinstrument eingesetzt und ist in der Regel innerhalb von 5–10 Minuten durchführbar. Die Auswertung erfolgt durch Summation der Itemwerte pro Subskala sowie optional eines Gesamtwerts. Höhere Werte deuten auf ausgeprägtere Krankheitsangst und dysfunktionale krankheitsbezogene Einstellungen hin. Für verschiedene Sprachversionen und Stichproben liegen Vergleichswerte vor. Repräsentative Normen sind je nach Sprachversion unterschiedlich gut abgesichert.
Indikationen
Die Illness Attitude Scale wird u.a. eingesetzt in:
- der Diagnostik von Krankheitsangststörungen (ehemals Hypochondrie)
- der psychosomatischen und psychotherapeutischen Basisdiagnostik
- der Verlaufs- und Therapieforschung
- der psychosomatischen und gesundheitspsychologischen Forschung
Ergänzend kann die IAS zur differentialdiagnostischen Abgrenzung von somatoformen bzw. somatischen Belastungsstörungen dienen.
Psychometrische Eigenschaften
Die IAS zeigt in Studien insgesamt gute interne Konsistenzen der Subskalen sowie eine zufriedenstellende Retest-Reliabilität. Die Konstruktvalidität ist durch konsistente Zusammenhänge mit anderen Instrumenten zur Erfassung von Krankheitsangst, Somatisierung und Angststörungen belegt. Die differenzierte Subskalenstruktur erlaubt eine feinere Analyse verschiedener Facetten krankheitsbezogener Einstellungen.
Limitationen
Als Limitationen gelten die relativ hohe Itemzahl sowie die ausschließliche Selbstbeurteilung, wodurch Antwortverzerrungen möglich sind. Zudem spiegeln einzelne Subskalen Konzepte wider, die in neueren Klassifikationssystemen teilweise anders gefasst werden. Dennoch gilt die IAS als klassisches und gut validiertes Instrument zur differenzierten Erfassung krankheitsbezogener Einstellungen.
Quellen
- Stewart und Watt. Illness Attitudes Scale dimensions and their associations with anxiety-related constructs in a nonclinical sample. Behaviour research and therapy, 38(1), 83–99. 2000
- Sirri et al. The Illness Attitude Scales. A clinimetric index for assessing hypochondriacal fears and beliefs. Psychotherapy and psychosomatics, 77(6), 337–350. 2008